Ringelblume (Calendula officinalis)

Autor/en: 
Dipl.-Ing. Anke HerrmannHeilpraktikerin

Die Jury des NHV Theophrastus hat für den Verein die Ringelblume zur Heilpflanze des Jahres 2009 gekürt. Sie ist die leuchtendste Vertreterin der großen Gruppe der Korbblütler (Asteraceen), die in unseren Breiten artenreichste Pflanzenfamilie.

Sommersonnen

Das Leben auf unserem Planeten wird von der Sonne geprägt. Die Sonnenscheindauer und die Winkel, in denen die Erde vom Sonnenlicht bestrahlt wird, bestimmen in unseren Breiten die Jahreszeiten. Sommer und Winter wechseln sich ab. So ist auch die Natur bemüht, die Wärme des Sommers auf verschiedene Arten und Weisen in die Kälte des Winters hinein strahlen zu lassen. Einige Sonnenpflanzen speichern das Sonnenlicht tief im Innern in Form von fetten Ölen in Samen und Nüssen. Andere bilden Düfte und verströmen diese für Mensch und Tier. Und wieder andere bilden die Leichtigkeit des Frühsommers in ihren samenbestückten Flugschirmchen ab, die mit Kinderlachen in die Welt hinaus gepustet werden. So wächst immer wieder eine neue Löwenzahnpflanze heran, die mit ihrem Überlebenswillen sogar auf ihre Art dem Winter trotzt.

Und die Ringelblume? Sie ist die leuchtendste Vertreterin der großen Gruppe der Korbblütler (Asteraceen), die in unseren Breiten artenreichste Pflanzenfamilie. Die Ringelblume steht deshalb in der Hierarchie dieser Familie gleichberechtigt neben der majestätischen Sonnenblume. Die Ringelblume speichert die Sonnenkräfte sichtbar in ihren Blüten. Sind die Korbblütler nicht alle kleine Sonnen, die in den verschiedensten Farben, Formen und Größen strahlen: vom Huflattich beginnend über den Löwenzahn, das Gänseblümchen, die Margerite hin zur Sonnenblume, der Kornblume, den Disteln oder den Dahlien und Astern? Neben der Ringelblume zählt manch große Heilpflanze zu dieser Pflanzenfamilie wie die Kamille, der Sonnenhut, die Schafgarbe oder auch die Arnika. Bei letzterer bindet sich die Heilkraft von Licht, Luft und Wasser neben der Blüte gleichfalls an die Wurzel. Die Schafgarbe verströmt sich in ihren Blättern und der Vielzahl der Blüten, doch beim Sonnenhut und bei der Ringelblume konzentrieren sich Licht- und Wärmeprozesse besonders auf die Blüten. Das auffälligste Merkmal der Ringelblume ist ihre wärmend umhüllende Blütenfarbe, die damit jeden Bauerngarten ziert und die Seele berührt.

In den Bauerngärten Europas zu Hause

Aus vielen Gärten leuchten im Sommer die gelborange strahlenden Blüten der Garten-Ringelblume (Calendula officinalis L.). Aus dem Mittelmeerraum stammend, wo sie auch heute noch häufig anzutreffen ist, findet sich diese anspruchslose Pflanze in den Gärten fast ganz Europas. Bis weit in den Norden Europas wird sie angebaut, denn sie kommt nur selten verwildert vor. Die gelb bis orangegelben Blüten treten dem Betrachter mal gefüllt, mal ungefüllt, mal mit hellen oder dunklen Staubgefäßen entgegen, doch zählen alle diese Varianten zur Garten-Ringelblume.

Dagegen gedeiht in den Weinbergen der welschen Schweiz wie auch in den wärmeren Gebieten Mitteleuropas, im Mittelmeergebiet bis nach Persien und den Kanaren die Acker-Ringelblume (Calendula arvensis L.) mit einem etwas zarteren Wuchs als dem der Garten-Ringelblume. Für medizinische Zwecke kann die Acker-Ringelblume trotzdem genutzt werden. Der Anbau beider Ringelblumenarten in Kulturen zur Verwendung als Arznei erfolgt in Ägypten, Ungarn, der Slowakei, Südfrankreich, Norditalien und in kleinen Mengen auch in Deutschland.

Verwechslungen, Fälschungen und Kriege

In der antiken Medizin spielte die Ringelblume anscheinend keine große Rolle. Bei Dioskurides wird eine Pflanze „Klymennon“ beschrieben, die mit der Ringelblume identisch sein kann, und deren Saft bei Nasenbluten, Magenleiden und als Wundmittel empfohlen wird. Auch in den Klostergärten und Schriften des frühen Mittelalters taucht sie nicht als Heilpflanze auf, bis ihr Hildegard von Bingen einen kleinen Abschnitt in ihrem Werk „Physika“ widmet. Die Äbtissin nennt die Pflanze „Ringele“ oder „Ringella“ und verwendet sie gegen Verdauungsstörungen und Ekzeme. Auch der bekannteste Gelehrte des Dominikanerordens Albertus Magnus beschreibt die Ringelblume in seinem Kräuterbuch unter den Namen „Sonnenbraut“ oder auch „Sonnenfriedel“ oder „Solsequium“, was zu Deutsch „der Sonne folgend“ bedeutet. Äußerlich empfiehlt Magnus sie gegen Wunden und innerlich als Saft gegen Leber- und Milzbeschwerden. Sowohl Albertus Magnus als auch Hildegard von Bingen bezeichnen die Ringelblume als kühlend und feucht, worauf ihre lindernde Wirkung gerade bei Brandwunden zurückzuführen sei.

Am Übergang vom Mittelalter zur frühen Neuzeit änderte sich sowohl diese Charakteristik der kühlenden und feuchten Eigenschaften, als auch die daraus folgenden Verschreibungen durch den Übergang von der handschriftlichen zur gedruckten Überlieferung katastrophal. Missverständnisse, Abschreibfehler und Verwechslungen mit dem Kapernstrauch führten zu nicht nachvollziehbaren Anweisungen und Rezepturen in den großen Kräuterbüchern der Renaissance von Hieronymus Bock, Tabernaemontanus oder Adam Lonitzer. Kritischere Geister wie Leonhart Fuchs ließen sich weniger täuschen. Diese Vermischung der Rezepturen von Ringelblume und Kapernstrauch blieb trotz eindeutiger Abbildungen bis weit hinein ins 18. Jahrhundert erhalten.

Doch nicht nur zu Heilzwecken wurden die Blütenblätter der Ringelblume genutzt. Sie füllte schon seit dem Altertum eine ganz spezielle Marktlücke aus. Teure Safranfäden (die Narbenschenkel des Krokus) wurden billig mit getrockneten Ringelblütenblättern gefälscht, so dass mancher einen hohen Preis für das in diesem Falle wertlose Gewürz gezahlt haben mag. Verordnungen und Prüfmethoden, Eide, harte Strafen und streng überwachte Verbote führten erst im 20. Jahrhundert zum Rückgang der groß angelegten, weltweiten Safranfälschungen.

Trotzdem war die Ringelblume zusammen mit Arnika im 17. und 18. Jahrhundert eine der wichtigsten Heilpflanzen und erlebte ihre Hochblüte. Es war ja auch eine Zeit vieler kriegerischer Auseinandersetzungen. Selbst Berichte aus dem amerikanischen Bürgerkrieg rühmen sie als ausgezeichnetes Mittel bei Verletzungen und Verwundungen. Diese Eigenschaften als Wund- und Brandsalbe trug die Ringelblume durch die Zeit; ein einfaches, aber wirkungsvolles Hausmittel, von den Menschen geschätzt und als Pflanze geliebt, leuchtet sie auch heute noch aus den Gärten.

Herrgottsauge und Totenblume

Die Vielzahl der Namen spiegelt gleichzeitig die Vielzahl der Eigenschaften der Ringelblume wieder. Der deutsche Name „Ringelblume“ ist wahrscheinlich auf die geringelten Samen bzw. auf die ringförmig angelegten Samenstände zurückzuführen. Dagegen ist die Herkunft des Gattungsnamens „Calendula“ nicht geklärt, welcher seit dem 13. Jahrhundert konstant in den Kräuterbüchern auftaucht. In der Regel wird der Name auf das lateinische „Kalendae“ (zu Deutsch „der Monatserste“) zurückgeführt, um damit die lange Blütezeit über Monate hinweg von Juni bis November zu charakterisieren. Diese Erklärung scheint jedoch nicht befriedigend zu sein. Der Historiker und Fachmann für Klosterheilkunde Dr. Johannes Gottfried Mayer bietet eine weitere Möglichkeit an, die sich auf die Farbe der gelben Kronblätter bezieht: Im Lateinischen ist „calthula“ ein Frauenkleid von gelber Farbe. Auch besteht möglicherweise ein Zusammenhang mit dem indogermanischen „ghldha“ = gelb, das auch im deutschen „Gold“ zu finden ist. Jedenfalls ist der Ursprung des Namens „Calendula“ im Meer der Zeit verschwunden. Folke Tegetthoff erzählt in seinem Kräutermärchen „Ringelblume“, wie die Blumenelfe eine Pflanze auf die Erde bringt, der Sonne und Mond besondere Kräfte verliehen haben. Dem kleinen Mädchen Calendula lehrt die Elfe, diese Pflanze zum Wohle der Menschen anzuwenden, weshalb die Menschen der Pflanze zum Dank den Namen des kleinen Mädchens geben.

Seit dem Mittelalter ist die Ringelblume auch als „Arnika der Gärten“ bei uns heimisch. Da nicht jeder in den Alpen wohnt und bei Verletzungen die Hilfe der Arnika in Anspruch nehmen kann, sprang die Ringelblume als leicht verfügbare Heilpflanze in die Bresche. Weitere bekannte Volksnamen sind Ringelrose, Studenten- oder Windblume. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war die Ringelblume nicht nur in den Bauerngärten anzutreffen, sondern aufgrund ihrer langen Blütezeit und Pflegeleichtigkeit auch eine beliebte Grabpflanze, was zu der Bezeichnung „Totenblume“ führte. Der Name „Sonnwendblume“ dagegen beschreibt die Eigenschaft der Pflanze, die Blüte im Laufe des Tages immer wieder nach der Sonne auszurichten. Auch als Wetterprophet kann die Ringelblume genutzt werden. So schrieb schon Albertus Magnus, dass sich die Blüten bei Regen schließen, und Bruno Vonarburg konkretisiert in seinem Werk „Homöotanik“: „Sind die Blüten um 8.00 Uhr noch geschlossen, ist schlechtes Wetter im Anzug, sind sie aber bereits geöffnet, ist der Tag voller Sonne.“ (Band 2, S. 52) Wegen dieser Erfahrung wurde die Ringelblume auch „Regenblume“ genannt. Ebenfalls ist der Name „Warzenblume“ bekannt, da der abgesonderte Saft mehrmals täglich auf Warzen gestrichen, diese zum Verschwinden bringen soll. Und nicht zuletzt wurde die Ringelblume, wegen ihres an die Sonne erinnernden Blütenstandes, als Christus- und Marienpflanze verehrt und besonders im Rheinland mit den Namen „Herrgottsauge“ oder „Christusblume“ bezeichnet.

Der Drang zum Licht – Beschreibung der Pflanze

Die Ringelblume ist eine der beliebtesten Gartenpflanzen, da sie wenig Anspruch an Standort und Pflege stellt und mit ihrer Farbe den Garten belebt. Sie sorgt für sich selbst und sät sich immer wieder neu aus. Die einjährige, also nicht überwinternde Pflanze zeigt dann schon wenige Wochen nach der Aussaat oder Überwinterung die ersten Blütenknospen. Doch stellen diese noch lange nicht das Ende der üppigen Entwicklung dar. Blätter und Blüten werden weiter in Hülle und Fülle gebildet, solange die Witterung dies zulässt.

Im Boden verankert ist die Ringelblume mit einer Pfahlwurzel und zahlreichen Seitenwurzeln. Der Stängel ist stark verästelt und wird 20 bis 80 cm hoch.
Die üppigen hellgrünen Blätter sind wechselständig mit leicht gezähntem Rand. Jeder Zahn hat an der Spitze eine schwarze Drüse. Das Blattwerk fühlt sich seltsam trocken, rau und klebrig an und verströmt einen auffällig aromatischen Geruch.

Im Gegensatz zu dem üppig-lappigen Kraut öffnen sich die Knospen zu wunderbar geometrisch geordneten Blütenköpfchen, die im starken Orangegelb strahlen. Den äußeren behaarten Hüllblättern entspringen lange dreizipflige Zungenblüten, die einen Röhrenblütengrund umhüllen. Letzterer geht bei den gefüllten Sorten unter. Aber nicht nur ein Form-Wechsel von üppigen Blättern nach strengen Blüten vollzieht sich, auch ein Duftwechsel von würzig nach süß findet statt.

In ihren Früchten bleibt die Ringelblume der Erde verbunden. Flugschirmchen suchen wir vergebens. Wie gekrümmte, mit Widerhaken bestückte Würmchen erscheinen die runzligen Früchte. Gut geschützt überdauern darin die Samen auch Frostperioden. In den ersten lauen Mainächten befreien sich die neuen Keimlinge von der Fruchtschale und durchstoßen an einem Maimorgen die dunkle Erde in ihrem Drang nach Licht.

Samenstand der Ringelblume © Gabriele Hanke

Samenstand der Ringelblume © Gabriele Hanke

Die Heilkraft der Ringelblume

Auf die Frage, was denn nun die Ringelblume zur Heilpflanze macht, erwähnt man meist spezielle Substanzen und Wirkstoffe, auf welche die Heilkraft der Pflanze zurückgeführt wird. So enthält die Ringelblume nach neusten Untersuchungen Carotinoide, Flavonoide, Tripterpenalkohole, ätherisches Öl, Glykoside, Schleim- und Bitterstoffe, Salizylsäure, Fermente und weitere organische Säuren als Wirkstoffe mit entzündungshemmenden, krampflösenden, wundheilenden, schmerzstillenden, befeuchtenden und kühlenden Eigenschaften.

Liegt aber nicht die Heilkraft der Pflanze in der Gesamtheit aller Substanzen, Wirkstoffe, Eigenschaften und Lebensprozesse? Die Komposition ist maßgeblicher als der einzelne Stoff. Einzelne Wirkstoffe sind genauso Ausdruck des Pflanzenwesens wie Gestalt, Farbe, Geruch und Geschmack. Schon bei Paracelsus, dem großen Arzt und Philosophen, kann nachgelesen werden, dass die Heilkraft nicht im „Rezept der Apotheken“ sondern im „Rezept der Natur“ liegt, da letzteres Gott selbst komponiert hat.

„Alle Wiesen und Matten, alle Berg und Bühel sind Apotheken. Von diesen sollen wir die unsrigen füllen … denn die natürlichen Apotheken übertreffen die menschlichen.“
(nach Paracelsus: Sämtliche Werke, Nachdruck der Ausgabe von 1922–24, Georg Olms Verlag Hildesheim, Zürich, New York, 1936, Abteilung 1, Hrsg. K. Sudhoff, Bd.XI, S. 195)

Welche Besonderheiten entdecken wir an der Ringelblume? Sie können uns wie die Inhaltsstoffe ebenso Hinweise auf die Heilkraft der sonnigen Pflanze geben. Wie oben erwähnt, erfreuen sich Auge und Herz schon von weitem an den leuchtend orangegelben Blüten. Ein Gefühl der Wärme und der Geborgenheit wird durch diese Farbe und die Blütenform vermittelt. Wahrscheinlich deshalb werben immer mehr Kinderpflegeprodukte mit dem Inhaltsstoff Ringelblume. Der Schutzaspekt wird durch die Eigenschaft verstärkt, dass ein klebriges, balsamisches Harz alle Pflanzenteile überzieht, dessen Geruch und Geschmack auf Tiere abstoßend wirkt. Dieses eigenartige „Kleben“ tritt beim langsamen Loslassen der Samenhülle, dem gegenseitigen Sich-Stützen der Seitentriebe oder dem Festhalten der Zungenblüten an der entstehenden Frucht zutage, und zieht sich durch die gesamte Lebenszeit der Ringelblume. Diese Eigenschaft wird beim Einsatz der Salbe zur Wundheilung und Regeneration der Haut genutzt. Ein weiterer „Verschlussmechanismus“ ist zu beobachten, wenn Blüten am Stiel abgeschnitten werden. Schon nach kurzer Zeit hat sich an der Schnittstelle ein weißlich, klebriger Überzug aus austretendem Pflanzensaft gebildet, der sich schnell verfestigt. Dieses Phänomen ist ein Hinweis auf die Fähigkeit der Wundheilung der Ringelblume. Doch nicht nur eine körperliche Wundheilung scheint diese sonnenhafte Pflanze zu bewirken, spagyrische Calendula-Zubereitungen werden auch zur Linderung seelischer Wunden empfohlen.
Lebenslust und Vitalität strahlen uns neben den Blüten auch aus dem üppig wuchernden Blattwerk entgegen; eine Dynamik, die auch die Vermehrungsfreudigkeit der Ringelblume kennzeichnet.

Die Ringelblume – Mehr als nur ein Wundheilkraut

In der Heilkunde werden vorrangig die Blüten und blühenden Sprossspitzen, seltener die Blätter verwendet. Diese können von Mai/Juni bis Oktober gepflückt und im Schatten getrocknet oder sofort zu Ringelblumen-Tinktur oder -Salbe weiterverarbeitet werden. Zur innerlichen Anwendung der Ringelblume kommen nur die Blüten zum Einsatz, zur äußerlichen Anwendung können neben den Blüten auch die Sprossspitzen und Blätter genutzt werden. Medizinisch gilt als gesichert, dass bei innerer Anwendung die Blüten besonders den Gallefluss anregen, den Cholesterinspiegel leicht senken und den Menstruationszyklus regulieren können. Trotzdem ist die innerliche Verwendung der Droge eher rückläufig. Sie gilt in Teemischungen meist nur noch als schöne Beigabe. Äußerlich haben sich verschiedene Anwendungen zur Wundheilung, bei Prellungen, geröteter Haut und Entzündungen, sowie bei Brandwunden, Schwielen und Frostbeulen bewährt. Darin steht die Ringelblume der Arnika sehr nahe, und sollte bei vorhandener Allergie auf Arnika statt dieser eingesetzt werden. Eine Allergie auf Ringelblumen ist wie auf alle Korbblütler auch möglich, tritt aber seltener im Vergleich zur Arnika auf. Einer Einnahme der homöopathischen Zubereitungen steht nichts im Wege.

Natürlich gibt es über das oben Genannte hinaus noch eine Vielzahl weiterer Anwendungsmöglichkeiten, je nach Erfahrung des jeweiligen Kräuterkundigen. Denn in der Volksmedizin hat die Ringelblume schon seit Jahrhunderten ihre eigentliche Heimat. Ein kurzer Überblick soll hier erfolgen.

Der Klosterheilkundler Dr. Johannes Gottfried Mayer empfiehlt bei Entzündungen im Mund- und Rachenraum als Gurgellösung einen Ringelblumentee. Derselbe eignet sich auch zur Reinigung von verschmutzten Wunden.
Der Kräuterpfarrer Johann Künzle verwendet Ringelblumentinktur äußerlich bei Warzen und Hühneraugen. Er warnt vor Ringelblumentee bei Leuten mit schwachem Magen und empfiehlt dann, diesen besser zur Hälfte mit Tausendgüldenkraut zu vermischen und bei Leber-, Gallen-, Milzleiden sowie sogar bei Magengeschwüren anzuwenden.
Der Homöopath Bruno Vonarburg verordnet Umschläge mit Ringelblumentinktur bei Venenentzündung, Unterschenkelgeschwür, Hämorrhoiden, Fisteln, Wunden, Eiterungen, Lippenherpes sowie Drüsenentzündungen und -schwellungen. Die Anwendung einer Salbe erfolgt neben der Wundheilung bei Sonnenbrand und rissigen Händen.
Die Kräuterkundige Maria Treben rät, um die Sehkraft der Augen zu stärken, mit lauwarmem Ringelblumentee im Augenglas zu baden. Die innerliche Teeanwendung wirke blutreinigend; kombiniert mit Teebädern setzt sie diese bei Pilzerkrankungen, also vom Fußpilz bis zum Scheidenpilz ein. Durch häufiges Auftragen der Salbe kann bei bettlägerigen Patienten das Wundliegen verhindert werden, die Heilung von Krampfadern wird begünstigt.
Die Apothekerin Christina Kiehs-Glos bestätigt, dass Calendula-Saponine zerstörend auf die Fettschichten des Hefepilzes Candida wirken und die Calendula-Flavonoide krankhaftes Bakterienwachstum hemmen.
Nach dem Phytotherapeuten Manfred Pahlow dient der frische Presssaft der Ringelblume zur Heilung von Hautkrebsgeschwüren, und Umschläge mit Ringelblumen-Abkochung werden zur Nachbehandlung eingesetzt.
Die Heilpraktiker Olaf Rippe und Margret Madejsky empfehlen den Tee als weiteren Bestandteil einer Mischung aus Ehrenpreis, Johanniskraut, Kamille, Schafgarbe und Wegerich bei „inneren“ Wunden, also bei Entzündung der Schleimhäute bei Gastritis sowie zur Aufhellung der Stimmung der Stress geplagten Magenkranken.

Die Zubereitungsformen

Tee

als Aufguss (auch Infus genannt): 1–2 Teelöffel frische oder getrocknete Ringelblumenblüten mit ¼ l kochendem Wasser übergießen und 10 Minuten abgedeckt ziehen lassen, dann abseihen;
bei innerlichen Entzündungen oder Wunden 2–3 Tassen am Tag trinken, auch als Gurgellösung verwendbar.

als Abkochung für Umschläge und Bäder: mindestens 4 Teelöffel Pflanzenteile mit ¼ l kochendem Wasser übergießen (dies entspricht dem Grundverhältnis, die Drogenmenge ist dem tatsächlichen Wasserbedarf entsprechend anzupassen) und 15 Minuten abgedeckt ziehen lassen, dann abseihen; Umschläge für ca. 30 Minuten auflegen, Bäder mindestens 10 Minuten.

Tinktur

10 g frisch geerntete Ringelblumenblüten mit 100 ml mindestens 50%igem Alkohol übergießen und 2–3 Wochen lichtgeschützt ziehen lassen, immer wieder mal schütteln, am Ende abseihen und in dunkle Flaschen füllen, kühl und vor Licht geschützt lagern. Anzuwenden für Umschläge und Kompressen, dafür 1 Teelöffel Tinktur mit ca. ½ Tasse warmem Wasser verdünnen.

Salbe

Ringelblumensalbe ist seit Jahrhunderten ein Muss in jeder Hausapotheke. Schon Hildegard von Bingen beschrieb eine der ersten Salbenzubereitungen auf Schweinefettgrundlage. Das macht Sinn, denn Schweinefett dringt gut in die Haut ein. Je nach Region hat sich auch Ziegenbutter oder Erdnussfett bewährt.
Ein Gemisch aus frischen Blüten und/oder klein geschnittenen Blättern wird mit 500 g warmem Schweinefett oder Ziegenbutter (es geht auch salzlose Kuhmilchbutter) weiter vorsichtig erwärmt (nicht kochen) und verrührt, dann für 1–2 Tage abgedeckt stehen lassen. Nach nochmaligem, kurzem Erwärmen erfolgt das Abseihen und Abfüllen in verschließbare Dosen. Die Rückstände können gleich für Umschläge genutzt werden. Die Aufbewahrung der Salbendosen erfolgt dunkel und kühl. Die Salbe ist aber auch in kleinen Portionen einfrierbar, so dass sie bei Bedarf aufgetaut werden kann.
Eine moderne und haltbarere Variante stellt die Verwendung von Eucerin dar, welches aus Fetten und Wachsen der Schafwolle besteht und in der Apotheke erhältlich ist. 5–10 g Ringelblumenblüten werden in 100 g im Wasserbad erwärmtes Eucerin gegeben, verrührt und mehrere Tage abgedeckt ziehen lassen. Wenn sich die Mischung orange verfärbt hat, alles erneut im Wasserbad erwärmen bis sich das Eucerin verflüssigt und die Blüten absinken. Anschließend wird die Salbe durch ein Tuch abgegossen und in ein Vorratsgefäß gefüllt.

Wer sich nicht die Arbeit machen möchte, für den sind die getrocknete Droge, Ringelblumentinkturen bzw. -salben von verschiedenen Anbietern und in verschiedenen Qualitäten in Apotheken und Drogerien erhältlich.

Orange – Ein Spiegel der aufgehenden Sonne

Wenn die Sommersonne aufsteigt und ihre ersten Strahlen die sich öffnenden Blütenkelche grüßen, flammen auch die Ringelblumen dem Licht entgegen. Üppig wachsen sie um Haus und Hof, dass mancher sie schon, wenn auch aus Unwissenheit um ihre Heilkraft, als Unkraut beschimpft hat. Doch hellen die Licht durchfluteten Blüten nicht manchmal zuverlässiger die Stimmung auf als irgendein „Fröhlichmacher“? Die Ringelblume speichert das Licht nicht nur für den Winter, sondern auch für Wintertage der Seele. Und vielleicht hilft das warme Orange, manch graue Schatten zu verjagen?

Orange als Einheit von Rot und Gelb steht in der Farbtherapie für Lebensfreude und Kreativität, Licht und Wärme. Es ist bekannt als Kraftspender bei körperlicher und seelischer Erschöpfung und wirkt aufbauend und gesundheitsfördernd. Rot – Orange – Gelb ist der Farbklang der Energie. In der konfuzianischen Philosophie des alten China ist Orange die Farbe des Wandels und im Buddhismus die Farbe der Erleuchtung.

Die Ringelblume wird nach Paracelsus wegen ihrer Farbe den Sonnenpflanzen zugeordnet, was bedeutet, dass sie universell einsetzbar ist, zur Harmonisierung von Rezepten dient und als Bestandteil von Tinkturen mit belebender Wirkung genutzt werden kann. Als eine Pflanze mit ausgeprägtem Wärmepol in den Blüten ist sie damit für entzündliche Leiden geeignet. Ob Paracelsus mit „Sonnenwirbel“ den Löwenzahn oder die Ringelblume gemeint hat, ist heute nicht mehr zu klären. Es ist auch egal, denn die Fülle an Vitalität und Heilkraft trifft auf beide Pflanzen zu: für die eine, die mit ihren Flugschirmchen die Erdenschwere überwindet und den Himmel und das goldene Mittagslicht in sich trägt und für die andere, die der Erde verhaftet ist und das Licht der auf- und untergehenden Sonnenstrahlen in sich spiegelt, den Menschen als Trost und Hoffnung auf Schutz und Geborgenheit.

Wer gern weiter lesen möchte:
  • „Calendula – Eine Heilpflanze spiegelt das Licht“
    von der Apothekerin und Fotografin Christina Kiehs-Glos, Edition aethera im Verlag Freies Geistesleben & Urachhaus GmbH, Stuttgart, 2001, ISBN 3-7725-5026-6

  • „Die Ringelblume – Natürliche Hilfe bei Wunden und Infekten“
    von dem Sportmediziner Dr. Jörg Zittlau, Econ & List Taschenbuch Verlag, München, 1999, ISBN 3-612-20624-9

  • „Gesund und fit mit Ringelblume und Rosmarin – Das heilkräftige Duo aus dem Garten“
    von der Wellnessberaterin Evelyn Thomsen, Seehamer Verlag GmbH, Weyarn, 1999, ISBN 3-934058-20-5

2008


Literatur
  • Kiehs-Glos, C.: Calendula, Verlag Freies Geistesleben & Urachhaus GmbH, Stuttgart, 2001
  • Künzle, J.: Chrut und Unchrut, AT Verlag, Baden und München, 2008
  • Madejsky, M., Rippe, O.: Heilmittel der Sonne, Erd Verlag, München, 2005
  • Mayer, J. G., Uehleke, B., Saum, K.: Handbuch der Klosterheilkunde, Verlag Zabert Sandmann GmbH, München, 2002
  • Müller, R.: Ringelblume, Pflanzenbetrachtung, in Weleda Nachrichten, Heft 197 D, Schwäbisch Gmünd, 1995, S. 14
  • Pahlow, M.: Das große Buch der Heilpflanzen, Weltbild Verlag GmbH, Augsburg, 2004
  • Rippe, O., Madejsky, M.: Paracelsusmedizin, AT Verlag, Baden und München, 2002
  • Tegetthoff, F.: Neue Kräutermärchen, Nymphenburger-Verlag, München, 2005
  • Treben, M.: Gesundheit aus der Apotheke Gottes, Verlag Wilhelm Ennsthaler, Steyr, 1980
  • Vonarburg, B.: Homöotanik Band 2: Blütenreicher Sommer, Karl F. Haug Verlag, Stuttgart, 2005
Dipl.-Ing. Anke HerrmannHeilpraktikerin

In Freiberg und Erlangen widmete sich Frau Herrmann dem Studium der Werkstoffwissenschaften, in welchem sie auch ihr Diplom erwarb. Ihre Ausbildung zur Heilpraktikerin erfolgte in Dresden, Erlangen und Zürich. Seit 1996 ist sie in ihrer eigenen Praxis tätig. Zu ihren Therapieschwerpunkten gehören Manuelle Therapie (Ortho-Bionomie), Homöopathie, Spagyrik und Fußreflexzonentherapie. Sie ist Autorin verschiedener Fachbücher und der populärwissenschaftlichen Druckerzeugnisse über die Heilpflanze des Jahres. Ihre fundierten Kenntnisse gibt sie auch in Vorträgen an Fach- und Laienpublikum weiter.