Ringelblume – Symbol für Lebenskraft

Autor/en: 
Dipl.-Ing. (FH) Maria VogelPharmazie-Ingenieurin

Die kraftvolle, sonnige Ausstrahlung und ihre große therapeutische Anwendungsbreite machen die Ringelblume zu einer der beliebtesten Heilpflanzen. Ihr Einsatz als Hautheilmittel hat eine lange Tradition und ist durch viele wissenschaftliche Untersuchungen bestätigt.

Der NHV Theophrastus – ein gemeinnütziger Verein, dessen Hauptanliegen die Förderung traditioneller Naturheilkunde ist – hat durch eine Jury die Ringelblume (Calendula officinalis) zur Heilpflanze des Jahres 2009 gekürt. Aus neun von Therapeuten vorgeschlagenen Heilpflanzen ging sie als Siegerin hervor. Unterschiedlichste Gründe führten zu der einstimmigen Wahl: Zum einen sind ihre medizinischen Wirkungen gut erforscht und wissenschaftlich bestätigt. Zum anderen besticht diese Pflanze durch ihre sonnige Ausstrahlung und Lebenskraft. „Als Sportler schätze ich die heilende Wirkung der Ringelblume besonders bei Prellungen, Quetschungen und Verstauchungen“, begründete ein Jury-Mitglied seine persönliche Entscheidung.

Die Ringelblume ist ein einjähriges Korbblütengewächs mit einer etwa 20 cm langen Pfahlwurzel. Die 30 bis 80 cm hohe Pflanze bildet an dem aufrechten, teilweise verzweigten Stängel ab Juni Blütenkörbchen, die je nach Sorte mehr oder weniger gefüllt sein können und farblich zwischen hellgelben und kräftigen Orangetönen variieren.

Wissenschaftlich belegt ist zum Beispiel die positive Wirkung der Ringelblume bei schlecht heilenden Wunden, einschließlich Unterschenkelgeschwüren, bei Verbrennungen und Ekzemen. Dies ist auf die entzündungshemmende und granulationsfördernde Wirkungsweise zurückzuführen. Nachgewiesen werden konnten außerdem auch antibakterielle, antivirale, abwehrsteigernde, krebshemmende, galleflussanregende und blutfettsenkende Eigenschaften bei verschiedenen Ringelblumenextrakten und deren Bestandteilen.

Traditionell wird die Ringelblume neben den bekannten äußerlichen Anwendungen auch innerlich zum Beispiel bei Magen-Darm-Störungen und Magengeschwüren, Gallebeschwerden, Leberschwäche und Menstruationsproblemen eingesetzt.

Auf das Nervensystem wirkt die Ringelblume beruhigend. „Die Erfahrung lehrt uns, dass die einzelnen Farben besondere Gemütsstimmungen geben.“ So stellte schon Johann Wolfgang von Goethe fest, der sich intensiv mit der Wirkung von Farben beschäftigte. In einigen – insbesondere erfahrungswissenschaftlichen – Therapieverfahren wird die psychosomatische Wirkung der Farben genutzt. Das warme Orange der Ringelblume wirkt stimmungsaufhellend, kraftspendend bei Erschöpfung und lösend bei emotionalen Spannungen.

Ob die Ringelblume in der Antike schon als Heilpflanze verwendet wurde, ist nicht eindeutig zu belegen. Im Mittelalter wird sie erstmals von Hildegard von Bingen erwähnt, die sie „Ringele“ nennt und bei Vergiftungen durch üble Speisen helfen soll. Albertus Magnus (um 1200–1280) berichtet über die Ringelblume: „Ihr Saft hilft bei Verstopfungen der Milz und Leber.“ Adamus Lonicerus (1528–1586) schreibt in seinem Kräuterbuch zur Ringelblume: „Das Pulver von Blumen in Baumwoll gewickelt und auf die Zähn gelegt, stillet derselbigen wütenden Schmertzen.“ Bei Leonhardt Fuchs, Professor an der Universität in Tübingen kann man in seinem 1542 erschienenen „New Kreuterbuch“ lesen: „Die Blum in die Laug gelegt, macht schön gelb Har.“ Pfarrer Kneipp empfahl sie bei bösartig aussehenden Geschwüren. Und aus den Weltkriegen gibt es Berichte, dass mit Ringelblume schwere Verletzungen hervorragend geheilt wurden.

Der deutsche Name „Ringelblume“ ist auf die ringförmigen Früchte der Pflanze zurückzuführen. Der Ursprung des wissenschaftlichen Gattungsnamens „Calendula“ ist nicht eindeutig geklärt. Am verbreitetsten ist die Annahme, dass er sich vom lateinischen „Calendae“ – dem Monatsersten – ableitet, weil die Ringelblume an vielen Monatsanfängen blüht. Es wird aber auch die im Mittelalter übliche Umgestaltung eines älteren Pflanzennamens in Betracht gezogen bzw. ein Bezug gesehen zu dem indogemanischen Wort „ghldha“, was „gelb“ oder „Gold“ bedeutet.

Seit Jahrhunderten steht die Ringelblume bei Bauern als Wetterprophet in hohem Ansehen, denn sie faltet ihre Blüten zusammen, wenn schlechtes Wetter mit Regen aufzieht. Bei vielen Völkern wird die Ringelblume als Symbol für die Unvergänglichkeit geschätzt, weil sie so langlebig ist und immer wieder neue Blüten bildet. Aus diesem Grund war sie eine beliebte Grabpflanze und trug auch den Namen „Totenblume“.

Ringelblumenbeet © NHV Theophrastus

Ringelblumenbeet © NHV Theophrastus

Die Ringelblume ist für den Hobbygärtner leicht zu kultivieren. Im April ausgesät, blüht sie vom Juni an bis zu den ersten stärkeren Frösten. Sie dient zur Abwehr von Fadenwürmern, indem man Gemüsebeete, Kartoffel- oder Erdbeerpflanzungen mit Ringelblumen umrandet. Als sogenannter Gründünger sorgt sie für eine Bodenverbesserung, da sie durch ihre Pfahlwurzeln die Erde tief lockert, die Restnährstoffe aus dem Boden bindet und damit vor Auswaschung bewahrt. Abgeschnitten, zerkleinert und leicht angetrocknet, kann die Pflanze dann oberflächlich in den Boden eingearbeitet werden.

Für Heilzwecke werden die voll entfalteten Blüten gesammelt. Zur weiteren, häuslichen Verarbeitung verwendet man nur die abgezupften, orangefarbenen Blütenblätter. Ob man einen wässrigen oder alkoholischen Aufguss, einen Ölauszug oder eine Salbe bereitet, hängt davon ab, welche Wirkung erzielt werden soll. Der wässrige Aufguss wirkt z. B. schmerzstillend, pilzabtötend, bakterien- und virenhemmend. Entzündungshemmende Stoffe werden durch einen Alkoholaufguss gelöst, welcher weiter zu Salben verarbeitet werden kann. Die schützende Wirkung der Stoffgruppe der Karotinoide beruht auf der Abwehr freier Radikale, welche als Auslöser von Tumoren und Arteriosklerose gelten. Diese Inhaltsstoffe der Ringelblume werden durch Fette oder Öle gelöst, z. B. in Verbindung mit Quark- oder Fleischspeisen. Für die äußerliche Anwendung wählt man daher fetthaltige Salbengrundlagen.

Wem das alles zu viel Aufwand bedeutet, der kann natürlich fertige Ringelblumenprodukte zu Heilzwecken im Reformhaus oder der Apotheke käuflich erwerben. Auch in vielen kosmetischen Produkten zur Schönheitspflege, in Lippenpomaden oder Zahncremes ist Calendula enthalten.

Ringelblumen können Abwechslung und Farbe auch in die Speisen bringen. Die filzig behaarten Blätter erzielen eine interessante geschmackliche Note in Blatt- oder Wildkräutersalaten. Die Blütenblätter sind für verschiedene herzhafte Brotaufstriche, Blütenbutter, Suppen oder in Kuchen verwendbar.

Die Ringelblume als „Sonnenheilmittel“ vermag die Seele zu erwärmen und in vielfältiger Weise ausgleichend auf den Körper zu wirken – Gründe genug, um sie 2009 als Heilpflanze des Jahres besonders zu ehren.

2008

Dipl.-Ing. (FH) Maria VogelPharmazie-Ingenieurin