Das Wesen des Holunders in der Signaturenlehre

Autor/en: 
Dipl.-Biologin Jutta SchuHeilpraktikerin
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Christine GüldnerRedaktionelle Mitarbeiterin des NHV Theophrastus

Anfang Juni veranstaltete das Sächsische Landeskuratorium Ländlicher Raum e.V. zum wiederholten Male das beliebte Heilkräuter-Fachsymposium, welches sich eingehend mit der aktuellen "Heilpflanze des Jahres" auseinandersetzt. Als Mitveranstalter ist es uns wichtig, den – aufgrund der Fülle an Wissen rund um den Schwarzen Holunder – untergegangenen Aspekt des Wesens dieser faszinierenden Pflanze hervorzuheben.
Ergänzend sei auch auf den Artikel "Das Unfertige vollenden" von Margret Rupprecht im Magazin "Die Naturheilkunde"/02-2024 hingewiesen. Gerade weil Holunder auch auf der seelischen Ebene anspricht und weiterhilft, kann seine Wertschätzung nicht hoch genug sein.

junger Trieb an altem Holunderstamm © Gabriele Hanke

junger Trieb an altem Holunderstamm © Gabriele Hanke

„Signatur“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „Zeichen“. Der Begriff wird als Möglichkeit einer spezifischen Kennzeichnung von beispielsweise Personen, Bildern oder Büchern verwendet. Bezogen auf die Pflanzenwelt ist die Signaturenlehre ein Mittel, um anhand der äußeren Merkmale einer Pflanze auf deren Anwendung zu schließen. Gelbblühende Kräuter sind demzufolge gut bei Leber- und Gallenleiden ebenso wie Pflanzen mit dreilappigen Blättern, da deren Form an die Leber erinnert.
Doch Form und Farbe allein sind nicht die einzigen Zeichen, die man bei genauer Betrachtung einer Pflanze erkennen kann. Geruch und Geschmack, Standortvorlieben, ihr Wachstums- und Verbreitungsdrang etwa sind weitere Merkmale, die das eigentliche Wesen einer Pflanze ausmachen. Der heute noch geschätzte Mediziner Paracelsus (1493–1541), der als einer der bedeutendsten Anwender der Signaturenlehre gilt, hielt viel auf Erfahrung und eigenes Erleben, wodurch Wissen verinnerlicht wird. In seinem Streben nach höchster Erkenntnis lernte er nicht nur direkt an der Quelle, von und in der Natur, sondern suchte auch nach den zugrundeliegenden Gesetzmäßigkeiten. Er verfeinerte die Signaturenlehre, indem er die deutlich wahrnehmbaren Zeichen einer Pflanze in Beziehung zu den vier Elementen und sieben Planeten setzte.

Wer das wahre Wesen einer Pflanze erfassen will, sollte sie entsprechend umfangreich und gründlich studieren. In den meisten Fällen werden Heilpflanzen lediglich nach ihrer organotropen Anwendung (allein auf der Stoffwechselebene stattfindend) eingesetzt. Das Wissen aus der Signaturenlehre hingegen erweitert das Anwendungsspektrum um die psychotrope Ebene – nicht nur die Pflanzeninhaltsstoffe heilen, auch das Wesen nimmt Einfluss, nämlich auf die Seele. Es kann auf der energetischen Ebene dynamische Entwicklungsprozesse in Gang setzen.

Holunderblüten © Ellen Franz

Holunderblüten © Ellen Franz

Firmen wie Wala, Ceres oder Arcana® wollen mittels ihrer Arzneien umfassend Heilen. Sie stellen das Wesen der Pflanze in den Vordergrund, indem sie es durch homöopathische bzw. antroposophische Herstellungsmethoden aufbereiten. Die Wirksubstanzen fließen veredelt mit ihrer zugrundeliegenden Kraft in das Arzneimittel ein, wodurch in der Pflanze enthaltene schwierige Inhaltsstoffe unbedenklich therapeutisch eingesetzt werden können. Demzufolge finden sich sowohl die Blüten als auch Blätter und Rinde des Schwarzen Holunders in medizinischen Zubereitungen oben genannter Firmen wieder (zum Beispiel: von Wala „Sambucus comp.“ Globuli velati; von Arcana® „Sambucus e cortice“ LM-Potenzen 1–120; von Ceres „Sambucus nigra“ Urtinktur). Arcana® nutzt auf diese Weise sogar die Vorzüge des Zwergholunders, welcher ohne die spezielle Potenzierung als giftig eingestuft werden muss („Sambucus ebulus“ LM-Potenzen 1–120).

geerntete Dolde © NHV Theophrastus

geerntete Dolde © NHV Theophrastus

Schwarzer Holunder ist in seiner Art eine Pflanze, die Bezug hat zu Jugend und Alter, zum Hellen und Dunklen, Himmel und Erde: Die frischen Triebe wachsen zügig und kerzengerade nach oben, doch je älter die Äste werden, umso mehr beugen sie sich und ähneln Tordurchgängen. Die eher unauffälligen Büsche haben ihren ersten markanten Auftritt mit den überschäumenden, weißen Blütenmeeren am Frühlingsende und fallen ein zweites Mal groß auf durch ihre üppigen, schwarzglänzenden Fruchtdolden im Spätsommer. Die Verbindung des Holunders zum Himmel, zum Luftigen, zeigt sich unter anderem in seinen Zweigen. Sie sind hohl mit weichem Mark und scheinen die Luft im Innern halten zu wollen. Seine Erdverbundenheit äußert sich über seine Wurzeln, die sich weit ausbreiten und auch mit unwirtlichem Untergrund zurechtkommen. Sagen und Überlieferungen erzählen viel vom Holunder und seinen Verbindungen zu überirdischen und unterirdischen Geschöpfen.

Der Holunder vereint in sich Gegensätze. Dadurch wird er zum Vermittler. Er hilft etwas abzuschließen, damit etwas Neues beginnen kann. Alle Prozesse der Entwicklung und des Reifens profitieren von seiner Begleitung. Stagniert ein solcher Prozess, bringt ihn der Holunder in Gang und beugt somit auch einer Chronifizierung vor. Neben seelischen Entwicklungen, wie der Pubertät, unterstützen Holunderarzneien daher latente Entzündungen der Atemwege und strukturieren den Flüssigkeitsorganismus. Anwendungsgebiete sind beispielsweise fieberhafte Infekte ohne Schweißbildung, Stockschnupfen, hartnäckige Verschleimungen von Nase und Bronchien, chronische Sinusitis aber auch klimakterische Störungen mit Hitzewallungen und übermäßiger Schweißbildung.

Bereits durch ihre vielfältigen Einsatzmöglichkeiten bei körperlichen Beschwerden ist die „Heilpflanze des Jahres“ 2024 bemerkenswert. Dieser kurze Einblick in ihr Potenzial auf seelischer Ebene legt nahe, Sambucus nigra verstärkt in die persönliche Gesundheitspflege zu integrieren.

2024


Literatur:
Dipl.-Biologin Jutta SchuHeilpraktikerin

Frau Schu studierte Biologie an der Universität Kaiserslautern und war in der Forschung am Institut für Humangenetik der Universitätsklinik Homburg/Saar tätig, wo sie auch ihr Diplom absolvierte. Einige Jahre lebte sie in Belgien und arbeitete im Bereich der Pharmazeutischen Markforschung. Nach ihrem Umzug nach Dresden begann sie mit der Heilpraktikerausbildung, die sie im Jahr 2008 erfolgreich beendete. Seit 2009 ist sie in ihrer eigenen Praxis tätig. Schwerpunkte ihrer Tätigkeit sind u. a. Klassische Homöopathie, Akupunktur, Phytotherapie, die Dorn-Breuss-Therapie, aber auch Gruppenkurse wie Autogenes Training oder Qi Gong. Ihr Behandlungskonzept beruht auf der ganzheitlichen Betrachtung des Patienten. Im Einklang mit der Naturheilkunde vermittelt sie ihre fundierten Kenntnisse in der klassischen Schulmedizin sowie der naturwissenschaftlichen und biochemischen Zusammenhänge von Körperfunktionen an der Dresdner Heilpraktikerschule oder in Vorträgen.

 
Christine GüldnerRedaktionelle Mitarbeiterin des NHV Theophrastus