Diese alte Weisheit sagt viel aus über die positiven Erfahrungen, die der Mensch im Laufe der Zeit mit dieser wunderbaren Pflanze gemacht hat.
Der Holunder wird schon seit langem sehr geschätzt, sowohl als Heilpflanze als auch als Schutzbringer für Haus und Hof, der auf keinen Fall gefällt werden durfte. Auch heute noch ist der Holunder eine geschätzte und beliebte Pflanze, sowohl zu Genuss- als auch zu Heilzwecken.
Die lateinische Bezeichnung des Holunders lautet Sambucus nigra und er gehört botanisch zur Familie der Adoxaceae (Moschuskrautgewächse), wobei diese Einordnung aufgrund genetischer Merkmale vorgenommen wurde.
Die Blüten, um die es in diesem Beitrag besonders gehen soll, kann man von Mai bis Juli finden. Sie zeigen sich als weiße Trugdolde und haben einen feinen süßlichen Geruch.
Inhaltsstoffe
Die Inhaltsstoffe der Blüten sind vor allem die Flavonoide (bis 3,5 % u. a. Rutin, Isoquercetin, Hyperosid). Weiterhin enthalten sie ätherisches Öl, organische Säure (Chlorogensäure, Kaffeesäure), Triterpene, Gerbstoffe, Phytosterine und Schleimstoffe. Als hauptsächliche Wirkstoffgruppe sind also die Flavonoide enthalten, weswegen sie nun kurz vorgestellt werden:
Als Flavonoide wird eine große Gruppe von Pflanzeninhaltsstoffen bezeichnet, in der je nach Quelle zwischen 6000 und 8000 verschiedene Stoffe zusammengefasst werden, die ubiquitär, also überall verbreitet, vorkommen. Einen großen Teil machen die Farbstoffe (im Holunder u. a. das Rutin) aus, welche die Pflanzen unter anderem vor UV-Strahlung schützen, weshalb sie vornehmlich in den oberirdischen Teilen der Pflanze vorkommen. In dieser Funktion sind sie Radikalfänger und haben eine antioxidative Wirkung, welche auch bei Aufnahme im menschlichen Körper stattfindet. Die vielen Verbindungen in dieser Stoffgruppe zeigen ganz unterschiedliche Wirkungen. Je nachdem welche Stoffe genau in der Pflanze vorhanden sind, werden diese in Indikationen von herzbelebend oder zellschützend über antientzündlich bis hin zu schweißtreibend, wie eben beim Holunder, angewendet. Wichtig zu wissen ist, dass Flavonoide hitzestabil sind, also zum Beispiel beim Kochen von Tee nicht zerstört werden.
Die schweißtreibende Wirkung, für die die Holunderblüten allgemein bekannt sind, beruht auf einer erhöhten Erregbarkeit der Schweißdrüse für Wärmereize. Dies geschieht durch die Anregung der Thermoregulation im Hypothalamus.
Die angeregte Schweißproduktion erhöht die Entgiftungskräfte des Köpers, da sich hierbei die Poren öffnen und ein Teil der angefallenen Schlackestoffe aus dem Körper transportiert wird. Die genauen Wirkstoffe, die dies auslösen, sind allerdings noch nicht erforscht.
Welches sind nun Anwendungsgebiete für Holunderblüten?
Die schweißtreibende Wirkung von Holunderblüten macht sie zu einem beliebten Tee bei allen Erkältungskrankheiten, denn wie bereits erwähnt, werden dadurch die Entgiftungskräfte des Körpers angeregt und die Krankheitszeit verkürzt. Diese Eigenschaft zeigt, dass Holunderblütentee auch zu einer guten Begleitung bei Basen- oder Fastenkuren geeignet ist (für weitere Informationen zum Thema siehe: "Fasten"). Der Tee kann ab dem 3. Fastentag zur Unterstützung der Entgiftung über die Haut, Lungen und Nieren getrunken werden.
Weiterhin wird die stoffwechselfördernde und leicht harntreibende Wirkung in der Volksmedizin therapiebegleitend bei rheumatischen Erkrankungen und auch bei Gicht genutzt.
In neuerer Zeit gibt es Untersuchungen zu der im Holunder vorhandenen Stoffgruppe der N-Phenylpropanoyl-L-aminosäureamide. Diese Wirkstoffe kommen in der Holunderblüte in relativ hoher Konzentration vor und haben bei in-vitro-Studien einen hemmenden Effekt auf die Anhaftung von Helicobacter pylori an die menschliche Magenschleimhaut gezeigt. Es wäre wünschenswert, dass diese Eigenschaft weiter untersucht wird, da dieses Bakterium weit verbreitet und an der Auslösung von Entzündungen im Magen-Darm-Trakt beteiligt ist.
In der Gemmotherapie wird der Holunder ebenfalls angewendet. „Gemma“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „die Knospe“ und genau diese werden hierbei eingesetzt. Im Frühjahr geerntet, werden sie in einer Mischung aus Glycerin und Alkohol mazeriert und damit ein Extrakt hergestellt. Reich an Flavonoiden, Phenolcarbonsäuren, Vitaminen B und C sowie Folsäure, Kalium und Phosphor regt der Extrakt das Immunsystem und den Stoffwechsel an, löst Stauungen und unterstützt die Entgiftung. Darüber hinaus wirkt er antibakteriell und lindert den Heuschnupfen.
Im Folgenden wird die Herstellung dieses Extraktes erläutert:
Herstellung der Urtinktur:
5–10 g frisch gepflückte Knospen des Holunders
10 ml Glycerin, pflanzlich (in Pharmaqualität)
70 ml Weingeist, 70 Vol.-%
Glycerin und Weingeist gründlich mischen. Die Knospen fein hacken oder mit dem Mörser stoßen. In ein Schraubglas geben, mit der Glyzerin-Alkohol-Mischung übergießen, umrühren. 3 bis 4 Wochen lang dunkel ziehen lassen, täglich gut schwenken. Danach klar filtern (Sieb, danach Tuch oder Filter), in ein dunkles Gläschen abfüllen und kühl und besonders dunkel lagern.
Weiterverarbeitung:
Die Urtinktur wird nun zu einem Gemmotherapeutikum weiterverarbeitet (am besten immer bei Bedarf frisch anmischen). Das erhaltene Mazerat mit 90 ml pflanzlichem Glycerin und 90 ml 70%igem Trinkalkohol verdünnen. Davon bei Bedarf 50 ml in eine Sprühflasche füllen und verwenden.
Anwendung:
Bei Bedarf davon mehrmals täglich zwischen 1 und 3 Tropfen bzw. 1 bis 3 Sprühstöße auf der Zunge zergehen lassen (schmeckt bitter-süß), also nicht sofort schlucken – das Mazerat wird über die Mundschleimhäute aufgenommen. 10 bis 15 Minuten davor und danach sollte man idealerweise weder etwas essen noch trinken.
Holunder bei Paracelsus
Nachdem nun einige der heute üblichen Anwendungsgebiete genannt wurden, wollen wir noch einen kleinen Blick zurückwerfen, denn auch Paracelsus nutzte die Kraft des Holunders. So kannte er die abführende Wirkung der Triebe und der Rinde. Er empfahl die Blüten als Auflage gegen Schwindel. Die schweißtreibende Wirkung nutzte Paracelsus vor allem bei Gicht und empfahl auch vor dem Schwitzbad Holundersalz einzunehmen. Weiterhin kam Holunder bei Steinleiden in einer Mischung mit Wacholder, Steinbrech, Süßholz, Safran, Zimt und Muskatnuss zum Einsatz. Über die hier schon erwähnte ausleitende Wirkung schrieb Paracelsus: „Die ersten Schösslinge des Holunders im Mai, weil sie weich und jung sind, sollen im Schatten getrocknet und aufbewahrt werden. Jenes Laxativum purgiert und laxiert nicht, sondern es hält die Natur dazu an, dass die Natur ihre natürlichen Stühle liefert“. „Purgieren“ meint dabei ganz allgemein das Reinigen des Körpers von Unnötigem oder sogar Schädlichem. „Laxieren“ ist davon ein Teilbereich: das Leeren des Darms. Ein „Laxativum“, also ein Abführmittel, sei der Holunder nicht im herkömmlichen Sinne, sagt Paracelsus hier. Der Holunder sorge dafür, dass der Körper wieder ins Gleichgewicht komme, in seinen natürlichen Zustand, und dadurch die gesunde Ausscheidung wiederhergestellt werde.
Holunderblüten ernten
Wer Holunderblüten gern selbst ernten möchte, sollte folgendes beachten: Die ganz aufgeblühten Dolden sollten bei trockenem Wetter gesammelt werden, am besten an einem sonnigen Vormittag, wenn der Tau getrocknet ist. Wichtig ist darauf zu achten, dass ein ausreichender Abstand zu befahrenen Straßen eingehalten wird, um die Schadstoffbelastung zu minimieren. Laut einer Studie der TU Berlin sollten es mindestens 10 Meter, bei stark befahrenen Straßen 20 Meter, sein.
Zum Sammeln empfiehlt sich ein mit einem Tuch ausgekleideter Korb. Plastetüten sind nicht geeignet, da die Blüten schnell beginnen zu schwitzen und zu verderben. Zu Hause sollten sie rasch getrocknet werden, unter Umständen mittels künstlicher Wärme. Eine gut getrocknete Blütendroge sieht elfenbeinfarben aus und duftet stark. Für diejenigen, welche die Blüten nicht selbst ernten können oder wollen: es gibt auch abgepackte Holunderblüten in der Apotheke zu kaufen.
Holunderblütentee
Zur Herstellung des Tees nimmt man 2 Teelöffel (etwa 3 g) Blüten, überbrüht sie mit 150 ml Wasser und gießt sie nach 5 bis 10 Minuten durch ein Sieb ab. Davon trinkt man mehrmals täglich, möglichst heiß, 1–2 Tassen.
Wie schon eingangs erwähnt, ist der Holunder nicht nur zu Heilzwecken geeignet, sondern auch zum Herstellen von Lebensmitteln. Die Blüten können neben Tee zum Beispiel auch zu Holunderblütensirup oder Holunderblütengelee verarbeitet werden.
Mit dem alten Spruch „Rinde, Beere, Blatt und Blüte, jeder Teil ist Kraft und Güte, jeder segensvoll.“ sei der Holunder in diesem Jahr allen ganz besonders ans Herz gelegt.
2024
Quellen
Lehrbuch Heilpflanzenkunde, Ursel Bühring, Kar F. Haug Verlag in Georg Thieme Verlag KG, 5. Auflage, 2021
Traditionelle Heilpflanzenkunde und Phytotherapie, Olaf Rippe, Margret Madejsky, AT Verlag, Baden und München, 4. Auflage 2019
Reinhard Pharmazeutische Biologie 1, Dingermann, Kreis, Rimpler, Zündorf, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart, 7. Auflage 2009
Teedrogen und Phytopharmaka, Max Wichtl, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart, 3. Auflage 1997
https://www.lebenskreis-apotheke.at/story/schwarzer-holunder (letzter Besuch 18.04.2024)
https://mundraub.org/blog/holunderblueten-ernten-zeitpunkt-tageszeit-regen-trocknen (letzter Besuch 18.04.2024)
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2024/02/12/was-apotheker-ueber-holunder-blueten-und-holunder-fruechte-wissen-sollten (letzter Besuch 18.04.2024)
https://krautgeschwister.de/2019/02/27/holunder-heilpflanzenportrait/ (letzter Besuch 26.05.2024)