Die Gewürznelke (Syzygium aromaticum)

Autor/en: 
Dipl.-Ing. Anke HerrmannHeilpraktikerin

Paracelsus wusste auch um die antiseptische Wirkung der Nelken, denn das Nelkenöl konnte zur Bierkonservierung genutzt werden. Das über Jahrhunderte in Europa in Künstler- und Gelehrtenkreisen als Schlaf- und Allheilmittel sehr geschätzte „Laudanum“ hat seinen Ursprung bei Paracelsus. Ein Bestandteil seines Laudanumrezeptes war erstaunlicherweise die Gewürznelke. Von Agricola, Goethe, Novalis bis hin zu Edgar Allen Poe zieht sich der Reigen der Anwender. Durch diese psychoaktive Mischung schuf Paracelsus ein Arzneimittel, das sich nach seinem Tod zu einer „Marke“ entwickelte und indirekt die Kulturgeschichte beeinflusste.

Mit dem Feuer der Sonne und Vulkane

Auf Höhe des Äquators, wo der Westmonsun die starken Regenfälle bringt und die Luftfeuchtigkeit auch 100 % erreichen kann, wo sich auf vulkanischen Inseln asiatische Pflanzenwelten mit australischen mischen, wo die Heimat des Orang-Utans ist und wo kleine, palmenbewachsene Inselgruppen sich zwischen Java und Papua-Neuguinea in der Molukkensee verstecken, befindet sich die Heimat des Gewürznelkenbaumes. Sumatra, Sulawesi, Bali… exotische Inseln, die in unserer europäischen Fantasie zum Ziel für unser Fernweh werden, Orte unserer Kindheitsträume; die fremde Ferne, wo sich die Wasser des Atlantiks mit den pazifischen Gewässern mischen. Sengende Hitze, Regenzeiten, Vulkane und die Wasser des Stillen Ozeans prägen das Leben der Pflanzen- und Tierwelt Indonesiens. Viele exotische Gewürzpflanzen gedeihen in den tropischen Wäldern dieser Breiten: der Nelkenbaum, die Muskatnuss, der immergrüne Zimtbaum, Kurkuma oder Kardamom. Gewürze, die die kalten Wintertage mit tropischer Wärme erfüllen, und den Duft der Weihnachtszeit mitbestimmen. Denn nicht nur der wärmende Aspekt dieser Gewürze ist in der kalten Jahreszeit vonnöten, auch ihre verdauungsfördernden Eigenschaften werden in Zeiten von Stollen und Gänsebraten gern in Anspruch genommen.

Zwei Nelkenknospen in der Staatsflagge

Das Wissen um die antibakteriellen, appetitanregenden und verdauungsfördernden Eigenschaften war sicherlich schon im kaiserlichen China vor 2500 Jahren bekannt. Ein Handel zwischen der Molukkeninsel Ternate und dem alten China lässt sich nachweisen. So nutzten die Chinesen die Nelken sowohl zum Würzen der Speisen als auch zur Verbesserung der Raumluft. Jedoch wer sich einer Audienz beim Kaiser erfreute, musste vorher eine Nelke kauen. Offenbar spielte das Thema Mundgeruch schon damals eine Rolle.

Bei Ausgrabungen wurden in Ägypten neben anderen Gewürzen auch Nelken in alten Mumiensärgen gefunden. Standen doch die antiken Völker in umfassenden Handelsbeziehungen zueinander, so dass eine frühe Verbreitung und Nutzung im Mittelmeerraum sehr wahrscheinlich ist.

Malaiische Schiffer brachten Gewürznelken und Muskatnüsse von den Molukken nach Ceylon, wo die Ware arabische Händler übernahmen. Über Karawanenwege wie z. B. die legendäre Weihrauchstraße gelangten die Gewürze nach Konstantinopel und an den römischen Kaiserhof. Konstantin der Große, der von 306 bis 377 römischer Kaiser war, überreichte Papst Sylvester I. nachweislich Gewürznelken.

Im Mittelalter boomte die Nachfrage nach Nelken und Muskatnuss geradezu, denn diese Gewürze boten den nicht gerade verwöhnten mittelalterlichen Geschmacksnerven neue Erlebnisse. Hildegard von Bingen (1098–1179) rühmt die Heilkraft der Gewürznelke in ihrer „Physika“. Jedoch waren sie so teuer, dass sie für die einfachen Menschen als Gewürz unerschwinglich schienen. Als Medizin wurden sie hoch gepriesen und wie andere aromatische Heilpflanzen auch zum Schutz vor Ansteckung in Zeiten großer Pestepidemien gekaut oder als Kette aufgefädelt um den Hals gehängt.

 getrocknete Blütenknospen des Nelkenbaumes © Gabriele Hanke

getrocknete Blütenknospen des Nelkenbaumes © Gabriele Hanke

Der Beginn der Neuzeit hob die sagenhaften Gewürzinseln aus dem Schleier der unbekannten Welt. 1511 besetzten die Portugiesen auf der Suche nach neuen Seewegen die Molukken. Fortan nannte sich der portugiesische König auch „Herr des indischen Handels“. Doch sein Glück währte nicht lang, denn ein blutiger Gewürzkrieg entbrannte. Holländer eroberten die Inseln und erlaubten den Anbau von Nelken, Muskat und Zimt nur auf Inseln, die sie total kontrollierten. Mit der Todesstrafe auf Ausfuhr von Früchten und Setzlingen und der Vernichtung anderer Plantagen außerhalb ihres Herrschaftsbereiches versuchten die Holländer ihr Monopol und enorme Profite zu sichern. Doch die gestrengen Handelsherren hatten die Rechnung ohne die wilden Tauben gemacht, die auf den Inseln lebten. Diese hinterließen bei Ausflügen auf Nachbarinseln immer wieder keimfähige Samen. 1769 gelang es Franzosen, junge Pflanzen von den streng bewachten Molukken auszuführen und auf den französischen Inseln im Indischen Ozean (heute Réunion und Mauritius) anzusiedeln. Das Ende der Herrschaft der niederländischen Ost-Indien-Kompanie brachten die Engländer zum Ende des 18. Jahrhunderts, die ihre Herrschaft auf dem indonesischen Archipel errichteten.

Mit französischer Hilfe verbreitete sich der Anbau von Zimt, Muskat und Nelken. Letztere wurden besonders vor der ostafrikanischen Küste auf der Insel Sansibar eingeführt. Diese Insel stand unter deutscher Schutzherrschaft und intensivierte seit 1830 den Nelkenanbau. Mit dem Helgoland-Sansibar-Vertrag trat 1890 das Deutsche Reich das Protektorat über Sansibar an Großbritannien ab und erhielt dafür Helgoland als wichtigen Stützpunkt zur Verteidigung der Nordseeküste. So tauschte Deutschland die paradiesische Nelkeninsel im Indischen Ozean, die es angesichts des Versailler Vertrages 1918 sowieso verloren hätte, gegen die karge und raue Nordseeinsel. Sansibar ist noch heute der weltweit größte Nelkenexporteur. Besonders die zu Sansibar gehörige Insel Pemba ist mit Nelkenhainen bedeckt, die zur Zeit der Ernte den aromatischen Duft verströmen. Nach Erlangung der Unabhängigkeit von Großbritannien 1963 zierten zwei Nelken die Staatsflagge des Sultanats Sansibar. Dies änderte sich schon 1964 durch die Revolution und die Vertreibung des Sultans.

Eukalyptus und Co.

Trotz seines Namens zählt der Nelkenbaum nicht zu den Nelkengewächsen, wie die Gartennelke (Dianthus caryophyllatus), sondern zu den Myrtengewächsen (Myrtaceae). Diese wärmeliebende Heilpflanzenfamilie zeichnet sich durch hohen ätherischen Ölgehalt aus und begegnet uns in vielerlei Gestalt im Alltag. Vom Eukalyptusbonbon bis zum grünen Hochzeitskranz aus Myrte, vom Lebkuchen- und Glühweingewürz bis zum exotischen Guavensaft begleiten uns Myrtengewächse in unserem Leben. Sie gedeihen in trocken-warmen Gegenden wie z. B. in Australien (Eukalyptus, Teebaum) oder benötigen tropisches feucht-warmes Klima (Gewürznelke, Piment). Die eingefangene Sonnenenergie tritt uns in ihren intensiv duftenden ätherischen Ölen entgegen.

Früher besiedelten Vertreter dieser Familie weite Teile der Erde. Doch die Eiszeit verdrängte sie aus Europa und nur die Myrte konnte sich im Mittelmeerraum halten.

Die ätherischen Öle der Myrtengewächse bestehen vorrangig aus Monoterpenen und Phenylpropanen. Diese gehören mit zu den aktivsten Substanzen in der Pflanzenheilkunde. Sie können Haut- und Schleimhautbarrieren gut überwinden, regen in kleinen Dosen an, in großen Dosen wirken sie jedoch reizend und sogar schädigend. Dabei zeigen sie besonders antivirale und antibakterielle Wirkungen und stimulieren die Durchblutung. Sie unterscheiden sich jedoch in der Wirkrichtung. So werden die Wirkstoffe von Myrte und Eukalyptus bei Erkrankungen der Atemwege eingesetzt, das Nelkenöl wirkt mehr im Verdauungstrakt und im Nervensystem. Teebaumöl tötet bei konzentrierter Anwendung Pilze und Bakterien ab. Interessant ist, dass der Tee der gemahlenen Samen der auf dem Jambulbaum (Syzygium jambos) wachsenden Jambulanapflaume nachgewiesene blutzuckersenkende Wirkungen zeigt. Das entsprechende homoöpathische Präparat Syzygium jambolana scheint in tiefen Potenzen das Diabetesmittel der Homöopathie zu sein.

„Drauf schickt ich ihr ein Sträußelein, schön Rosmarin, brauns Nägelein …“

Wie schon im Volkslied „Das Lieben bringt groß Freud“ angeklungen, sind die „braunen Nägelein“ erstaunlicher Weise fest in unserem Bewusstsein als kostbar verankert. Doch leitet sich der Name „Nelke“ wirklich von „Nagel“ her, da die noch geschlossenen Knospen in der Form an Nägel erinnern. So galten sie auch als ein Symbol für die Nägel mit denen Christus ans Kreuz genagelt wurde. Weil die Form der Nelken ihren Schiffsholznägeln entsprach, nannten die Holländer die Blütenknospen „Kruidnagels“ (Gewürznägel). Im Englischen heißen sie „clove“, was sich vom lateinischen „clavus“ (Nagel) herleitet. Auch der Name der Gartennelke soll auf das Wort „Nagel“ zurückgehen.

Der botanische Gattungsname „Syzygium“ stammt vom griechischen „syzygos“. Dies bedeutet „gepaart, vereinigt“ und charakterisiert die Blütenblätter, welche zu einer Haube verwachsen sind.

Die alte lateinische Bezeichnung „Eugenia caryophyllata“ für die Gewürznelke ist inzwischen überholt. Der Gattungsname „Eugenia“ stammt von Prinz Eugen von Savoyen (1663–1736) ab, der ein Förderer und Eigentümer eines botanischen Gartens war. „Caryophyllata“ ist dem altgriechischen „karyophyllon“ abgeleitet, wobei wahrscheinlich die griechischen Händler das Wort ihren südasiatischen Lieferanten abgelauscht haben. So ähnelt es dem Sanskritwort für „scharfe Frucht“.

Scharfe Knospen von immergrünen Bäumen

„Die Nägeleinbäume wachsen etwas höher als hierzulande die Pflaumenbäume, ohngefähr wie ein ziemlicher Birnbaum. An Laub oder Blättern sind sie den Weiden ähnlich. Sie tragen das ganze Jahr zugleich Blüten, zeitige und unzeitige Nägelein. Doch ist die rechte Blütezeit im Junio, Julio und Augusto, als zu welcher Zeit die südlichen Winde wehen.“ So beschreibt Caspar Schmalkalden die Nelkenbäume auf seiner Reise zu den Molukken im 17. Jahrhundert.

(Aus: „Die wundersamen Reisen des Caspar Schmalkalden nach West- und Ostindien 1642–1652“, Weinheim, 1983, S. 124)

Die stark belaubten, immergrünen Nelkenbäume gedeihen im feuchtheißen, tropischen Klima in windgeschützter Lage. Die schlanken Bäume erreichen eine Höhe von 10 bis 15 m. In den Anbaugebieten werden sie jedoch auf ca. 6 m Höhe gehalten. Das Holz ist sehr hart und dauerhaft und von stumpfer, grauer Farbe. Der jugendliche Nelkenbaum hat ein pyramidenförmiges Aussehen, ein sehr empfindliches Wurzelwerk und liebt den Schatten. Mit zunehmendem Alter spreizen die Zweige auseinander und hängen letztlich sogar nach unten. Nelkenbäume müssen vorsichtig beerntet werden, da Astbruch Pilzbefall fördert. Nelkenbäume können sogar über 130 Jahre alt werden. Alle Teile der Pflanze enthalten das stark aromatisch und süßlich duftende ätherische Öl, jedoch in sehr unterschiedlicher Konzentration.

Blätter des Gewürznelkenbaumes © Krzysztof Ziarnek, Kenraiz

Blätter des Gewürznelkenbaumes © Krzysztof Ziarnek, Kenraiz Syzygium aromaticum kz1, CC BY-SA 4.0

Die immergrünen, glänzenden Blätter erinnern in ihrer Form an lange, geäderte Lorbeerblätter. Die ersten Knospen erscheinen ab dem 4. bis 6. Lebensjahr des Baumes. Gute Ernten sind vom 20. bis zum 60. Lebensjahr, z. T. auch darüber hinaus, möglich. Die kleinen, regelmäßigen, stark duftenden Blüten, die sich beim Aufblühen von weiß zu rot färben, stehen in Trugdolden an den Zweigenden. Die Blüten öffnen sich zu kleinen Pinseln aus weißen Staubfäden. Aus dem Fruchtknoten entwickelt sich eine dunkelrote, wohlschmeckende, an kleine Oliven erinnernde Beere. Diese besitzt einen nelkenähnlichen, aber weniger intensiven Geruch und Geschmack. Die nicht völlig ausgereiften Früchte werden auch Mutternelken genannt. Diese werden in Japan in geringem Umfang medizinisch genutzt. Gelegentlich werden auch getrocknete Nelkenfrüchte verkauft.

Die eigentlichen Gewürznelken, deretwegen der Baum angebaut wird, sind die fast reifen, aber gerade noch geschlossenen Blütenknospen. Dies ist der Zeitpunkt des höchsten Wirkstoffgehaltes. Die Knospen werden gepflückt oder vorsichtig abgeschlagen, abgezupft und in der Sonne oder über einem Holzfeuer getrocknet. Dabei färben sich die roten Knospen braun. In Apotheker- und Drogistenkreisen werden die getrockneten Nelkenknospen mit dem lateinischen Namen Caryophylli flos bezeichnet. Heute werden je nach Herkunft die Nelkensorten Sansibar-Nelken, Penang-Amboina-Nelken oder Madagaskar-Nelken unterschieden. Sie besitzen jedoch verschiedene Qualitäten. Die getrocknete Blütenknospe enthält je nach Qualität und Herkunft 16–20 % Nelkenöl. Von einem ausgewachsenen Nelkenbaum lassen sich pro Jahr 5–10 kg Blütenstände ernten, wobei die Erträge extrem schwanken können. Hohe Erträge wechseln sich mit geringen Erträgen ab und wiederholen sich nur aller drei bis vier Jahre.

Gewürznelken werden zum Würzen der Speisen, als Heilmittel und besonders in Indonesien für Zigaretten genutzt. Das aus den frischen Knospen gepresste sowie das aus den getrockneten Nelken bzw. Blättern mittels Wasserdampf destillierte Nelkenöl dient als Duftstoff in Parfüms, Seifen oder Zahncremes. Es war auch früher ein wichtiger Ausgangsstoff für die Vanillinsynthese.

Die Gewürznelke ist eine Heilpflanze, bei der traditionell die gerade noch nicht geöffnete Knospe geerntet wird. Dieser Zustand höchster Konzentration, der sich in allen Knospenbildungen vollzieht und hier mit der Konzentration an höchstem Wirkstoffgehalt einhergeht, ließe sich vielleicht auch bei anderen Heilpflanzen nutzen.

Anatomie des Nelkenduftes

Gewürznelken, also die getrockneten Blütenknospen, enthalten 16–20 % ätherisches Öl, die Früchte (Mutternelken) mit 2–9 % schon deutlich weniger. Doch auch das ätherische Öl der Blätter und Stängel wird zur Destillation von Nelkenöl genutzt. Dabei hat das reine Nelkenknospenöl das feinste und blumigste Aroma. Aus 50 kg getrockneter Knospen lässt sich ca. ein Liter Öl destillieren. Neben ätherischen Ölen enthalten die Gewürznelken noch 8–14 % Gerbstoffe, weiterhin Flavonoide, Stereole und etwa 10 % fettes Öl. Das ätherische Öl besteht in der Hauptsache aus dem Phenol Eugenol (bis 85 %), Acetyleugenol (bis 17 %) und β-Caryophyllen (4–12 %). Das ätherische Öl und die Gerbstoffe sind vorrangig für die antibakteriellen und entzündungshemmenden Wirkungen verantwortlich.

Geballte Knospenkraft

Der Geruch der Gewürznelken und ihr Würzgeschmack bestimmen den Einsatz der Droge in der Heilkunde. Dabei werden besonders Nelken pur, alkoholische Auszüge als Tinkturen und das ätherische Nelkenöl genutzt. Eine schulmedizinisch gesicherte Wirkung wird der Gewürznelke bei entzündlichen Veränderungen der Mund- und Rachenschleimhaut, zur örtlichen Schmerzstillung bei Zahnschmerzen sowie als Antiseptikum zur Behandlung von Wurzelkanälen bescheinigt.

Aufgrund seines überdurchschnittlich hohen Gehaltes an Wirkstoffen ist die Gewürznelke eine echte pflanzliche Alternative in der Schmerztherapie und kann sowohl im Sinne der Ersten Hilfe als auch dauerhaft angewendet werden. Das im ätherischen Öl enthaltene Eugenol hemmt nachweislich das Wachstum von Bakterien und Viren. Es wirkt schmerzlindernd und entzündungshemmend. In hoher Dosierung werden die Haut oder die Schleimhäute gereizt oder Unverträglichkeiten hervorgerufen. Selbst allergische Haut- und Schleimhautreaktionen können auftreten.

Zusammen mit Caryophyllen entspannt Eugenol Muskelgruppen im Bereich des Darmes und der Atemwege. So kann die Gewürznelke bei Erkrankungen der Atemwege wie Husten und Asthma sowie bei Unterleibskrämpfen und Verdauungsstörungen hilfreich sein. Nelkentinktur ist deshalb häufig ein Bestandteil traditioneller Magen- oder Stärkungsmittel, verschiedener Melissengeistrezepturen und Kräuterliköre.

Gewürznelkenbaum © Yercaud-elango

Gewürznelkenbaum © Yercaud-elango Syzygium aromaticum-2-mailapatti-yercaud-salem-India, CC BY-SA 4.0

Anwendungen

Gewürznelken

Bei Zahnfleischentzündungen oder Zahnschmerzen eine Nelke in die Wangentasche stecken oder das Zahnfleisch vorsichtig damit massieren. Für frischen Atem sorgt auch das Kauen einer Nelke.

Nelkentee

½ Teelöffel Nelken mit kochendem Wasser übergießen und nach 10 Minuten abseihen, davon 2–4 Tassen täglich trinken. Dies empfiehlt sich bei Darmkrämpfen und leichten rheumatischen Beschwerden. Nelkentee eignet sich auch bei Entzündungen und Infekten der Atemwege.

Nelkenöl

Das Öl sollte nur sehr sparsam dosiert werden und nur nach vorsichtigem Verträglichkeitstest bei Schmerzen direkt auf die Haut gerieben werden. Eine Verdünnung mit einem fetten Massageöl ist empfehlenswert. Dabei werden 2 Tropfen Nelkenöl mit 3 Esslöffeln fettem Basisöl gemischt. Eine entspannende Nelkenöl-Massage lindert Brechreiz, Verkrampfungen im Verdauungsbereich, Blähungen, rheumatische Beschwerden sowie Muskel- und Gliederschmerzen. Im Mundbereich kann es auch in Wasser getropft zum Spülen und Gurgeln angewandt werden, um eine desinfizierende Wirkung zu erzielen. Da es Wehen fördert, sollte es in der Schwangerschaft nicht bzw. erst dann, wenn Wehen erwünscht sind, verwendet werden.

Bezüglich der Anregung der Uterusmuskulatur zur Wehentätigkeit empfiehlt die bekannte Hebamme Ingeborg Stadelmann neben anderen Methoden ein nelkenhaltiges Gewürzgetränk. Dieses Getränk regt die Wehen an und leitet meist auch die Geburt ein. Aus diesem Grund rät Frau Stadelmann von der Anwendung von Nelkenöl in der Duftlampe oder in Massageölen bis zur 36. Schwangerschaftswoche ab.

Aufgrund seiner entzündungshemmenden und desinfizierenden Wirkungen findet sich das Nelkenöl in verschiedenen handelsüblichen Mundwässern wieder. Als Beispiele seien hier

  • Repha-OS® Mundspray der Firma Repha,
  • Salviathymol® N der Firma Madaus und
  • Mundwasser Konzentrat der Firma Bombastus sowie Sedative Original Bombastus®

genannt.

In der Aromatherapie wird das ätherische Nelkenöl dem Planeten Sonne und dem Element Erde zugeordnet und in Mischungen als Basisnote eingesetzt. In der Duftlampe angewandt hilft seine wärmende Energie, erstarrte Seelenzustände zu lösen und ungelöste Konflikte zu bewältigen. Es stärkt die Nerven und vermittelt Versöhnlichkeit, Zufriedenheit und Harmonie.

Die Gewürznelke aus der Sicht des Paracelsus

Paracelsus (1493–1541) verwendete unzählig viele verschiedene Pflanzen, Minerale oder tierische Gifte. Auch wenn er der Meinung war, dass jedem Land seine eigene Krankheit, seine eigene Arznei und sein eigener Arzt erwachse, so benutzte er doch erstaunlich viele exotische Heilpflanzen. Die Gewürznelke stand bei ihm sozusagen in der zweiten Reihe. Wegen ihres warmen und intensiven Geruches der Sonne zugeordnet, war die Gewürznelke universell einsetzbar und harmonisierte die Rezepturen. Sie bringt durch ihre gespeicherte Sonnenkraft Wärme besonders in den unteren Menschen, feuert die Verdauung an und hält den Lebensgeist warm. Paracelsus setzte Gewürznelken seinem Aqua vitae (Lebenselixier) zu, erwähnt sie als schmerzlindernde Gebärmutterarznei und empfahl sie als Stärkungsmittel nach Abführmitteln. Er kreierte ein nelkenhaltiges „Specificum Odoriferum“, vorstellbar als alchimistische Duftkugeln, die die schlechten Ausdünstungen der Kranken verwandeln sollten und durch Wohlgeruch die Genesung vorantrieben.

„Die Kraft, die dem Körper durch den Geruch gegeben wird, bewegt das Blut, reizt das Herz an und erquickt es mehr, als es beschrieben werden kann.“

(Rippe, O., Madejsky, M.: Paracelsusmedizin, AT Verlag, Baden und München, 2002, S. 44)

Paracelsus wusste auch um die antiseptische Wirkung der Nelken, denn das Nelkenöl konnte zur Bierkonservierung genutzt werden.

Das über Jahrhunderte in Europa in Künstler- und Gelehrtenkreisen als Schlaf- und Allheilmittel sehr geschätzte „Laudanum“ hat seinen Ursprung bei Paracelsus. Ein Bestandteil seines Laudanumrezeptes war erstaunlicherweise die Gewürznelke. Von Agricola, Goethe, Novalis bis hin zu Edgar Allen Poe zieht sich der Reigen der Anwender. Durch diese psychoaktive Mischung schuf Paracelsus ein Arzneimittel, das sich nach seinem Tod zu einer „Marke“ entwickelte und indirekt die Kulturgeschichte beeinflusste.

In den Kochtöpfen der Welt zu Hause

Heute werden auf der ganzen Welt Gewürznelken zum Würzen von Getränken, Suppen, braunen Saucen, Fisch, Wild und Rotkraut, eingelegten Früchten und Marinaden und natürlich im Weihnachtsgebäck verwendet. Der Duft des Weihnachtsmarktes nach Glühwein und Punsch erhält durch die Nelken erst seine typische Atmosphäre. Gewürznelken verleihen den Speisen eine besondere Note und runden den Geschmack ab, wenn sie sparsam verwendet werden. „Prisengewürz“ heißt hier das Schlagwort. Sauerkraut und Schweinebraten werden bekömmlicher. Dabei können ganze Nelken mitgekocht und erst vor dem Servieren entfernt werden. Für Soßen und Fischgerichte werden eher gemahlene Nelken verwendet. Diese sollten aber möglichst frisch im Mörser zerstoßen werden, da das Aroma schnell verfliegt und gemahlenes Pulver nicht lange brauchbar ist. Eine erfahrene Hausfrau „spickt“ eine halbe Zwiebel mit ein paar Nelken und würzt damit Fleischbrühen, Braten und Kohlgerichte. Aber auch Süßspeisen, Spaghetti und Pizzasoßen profitieren vom Nelkenaroma.

Nelken guter Qualität, d. h. mit hohem Ölgehalt, schwimmen senkrecht auf dem Wasser oder gehen unter, mindere Qualitäten schwimmen waagerecht.

Nelken sind in allen Küchen der Welt beliebt und damit auch ein fester Bestandteil der verschiedenen Würzmischungen. Vom chinesischen Fünf-Gewürze-Pulver über diverse indische Currys, vom arabischen baharat zum marokkanischen ras el hanout bis hin zum klassisch französischen quatre épices und der Worcestersauce zieht sich der Nelkenduft. Nur in ihrer Heimat findet sie selten den Weg in die Kochtöpfe. Denn dort wird sie geraucht! Die typischen Nelkenzigaretten Indonesiens bestehen zu einem Drittel aus Nelken und zu zwei Dritteln aus Tabak. Das Räuchern von Nelken hat den Vorteil, dass der Rauch Mücken und anderes Ungeziefer verjagt. Doch auch in unseren Breiten halten Zitronenscheiben mit Nelken gespickt ebenfalls Mücken und manche Wespe vom Pflaumenkuchen fern. Selbst als Zeckenschutz ist Nelkenöl verwendbar. Neben langen Pullovern und Hosen bietet eine Einreibung der Arme und Beine mit Nelkenöl, sofern man es verträgt, eine gewisse Zeckenabwehr. Jedoch ist dabei zu bedenken, dass sich die ätherischen Öle relativ schnell verflüchtigen und der Schutz nicht allzu lange anhält.

Zu Omas Zeiten wurde noch bei Schluckauf empfohlen, auf einer Gewürznelke zu kauen. Auch zur Raumbeduftung waren Nelken ein beliebter Bestandteil von Blumenpotpourris und Duftkugeln. Zum Beispiel wurden Orangen hübsch mit Nelken gespickt und in Zimt- und Muskatpulver gewälzt. Nach dem Trocknen an einem warmen Ort konnte die dekorative Duftkugel mit einem Seidenband aufgehängt werden.

Nelken – das Besondere im Verborgenen

Nelkenduft ist allgegenwärtig, und doch nimmt man ihn selten bewusst wahr. Sie entstammen dem anderen Ende der Welt und gedeihen in tropischen Breiten. Und doch sind sie in Europa seit über 2000 Jahren im Alltag der Menschen verankert. Sie tragen die tropische Sonne und die Hitze der Vulkane in sich, sie sind voll geballter Knospenkraft und doch ist die Nelke meist nur ein Bestandteil verschiedener Heilkräutermischungen oder Tinkturen. Die Nelke kann ihre Kraft zurücknehmen und sich einfügen. Sie lindert und gleicht aus und nur bei Überdosierung zeigt sie ihr ganzes Feuer. Abgesehen vom Pfeffer wurden wegen keiner anderen Pflanze so blutige Kriege geführt. Sie wurde mit Gold aufgewogen und mit Gulden bezahlt. Sie begleitet die Menschen, sie macht das Leben leichter und schmerzärmer. Dies geschieht jedoch meist unscheinbar im Verborgenen, als etwas Besonderes.

2009


Literatur

Autorenkollektiv: Großmutters Hausmittel neu entdeckt, Verlag Das Beste GmbH, Stuttgart, 2001

Bichel-Sandkölter, S.: Nutzpflanzen und ihre Inhaltsstoffe, Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim, 2001

Burkill I.H.: A Dictionary of the Economic Products of the Malay Peninsula, Vol. 1, Ministry of Agriculture, Malaysia, 2002

De Guzman, C.C., Siemonsma, J.S. (Hrsg.): Plant Resources of South-East Asia No. 13, Spices, Backhuys Publishers, Leiden, 1999, S. 211–218

Iburg, A.: Dumonts kleines Gewürzlexikon, Edition Dörfler im Nebel Verlag GmbH, Eggolsheim

Kunick-Wünsche, B.: Natürliche Alternativen zu synthetischen Schmerzmitteln, in Natur & Heilen 09/2008, Verlag Natur & Heilen, München, S. 32–38

Laux, H.E. und H., Tode, A.: Gewürzpflanzen, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co., Stuttgart, 1993

Lubinic, E.: Handbuch Aromatherapie, Karl F. Haug Verlag, Stuttgart, 2004

Piggott, R.J.: A school geography of Zanzibar, MacMillan & Co. Ltd., London, 1961

Rippe, O., Madejsky, M.: Paracelsusmedizin, AT Verlag, Baden und München, 2002

Pahlow, M.: Das große Buch der Heilpflanzen, Gräfe und Unzer Verlag, München, 1989

Stadelmann, I.: Die Hebammensprechstunde, Eigenverlag, 2001

Van den Toorn, P.: Myrtacae = Myrtengewächse, in Naturheilpraxis 2/2007, Pflaum Verlag GmbH & Co. KG, München, S. 194–199

Vonarburg, B.: Homöotanik Band 4: Extravagante Exoten, Karl F. Haug Verlag, Stuttgart, 2005

Dipl.-Ing. Anke HerrmannHeilpraktikerin

In Freiberg und Erlangen widmete sich Frau Herrmann dem Studium der Werkstoffwissenschaften, in welchem sie auch ihr Diplom erwarb. Ihre Ausbildung zur Heilpraktikerin erfolgte in Dresden, Erlangen und Zürich. Seit 1996 ist sie in ihrer eigenen Praxis tätig. Zu ihren Therapieschwerpunkten gehören Manuelle Therapie (Ortho-Bionomie), Homöopathie, Spagyrik und Fußreflexzonentherapie. Sie ist Autorin verschiedener Fachbücher und der populärwissenschaftlichen Druckerzeugnisse über die Heilpflanze des Jahres. Ihre fundierten Kenntnisse gibt sie auch in Vorträgen an Fach- und Laienpublikum weiter.