Paracelsus schreibt: „Wie die Krankheit ist, also ist auch die Arznei. Ist die Krankheit den Kräutern empfohlen, so wird sie durch die Kräuter geheilet. Ist sie unter dem Gestein, so wird sie unter denselbigen auch ernähret. Ist sie unter das Fasten gerechnet, so muss sie durch Fasten hinweg.“1
Welche Wertschätzung die Kräuter, vor allem die einheimischen, bei ihm hatten, wird aus der Vorrede zum „Herbarium des Theophrastus“ ersichtlich: „Da ich sehe, dass die Arzneien, die von fremden Ländern nach Deutschland kommen, mit großen Kosten, mit Mühe und Arbeit ... verbunden sind, hat mich dies veranlaßt, zu ergründen, ob die deutsche Nation dies nicht selbst in ihrer Gewalt hat und ohne die fremden überseeischen Mittel ... auch bestehen könnte. Dabei habe ich gefunden, dass alle Dinge auf eigenem Boden ... im Überfluß vorhanden sind. Diese Mittel sind gegen jede Krankheit verwendbar ... Jedem Lande wächst seine eigene Krankheit, seine eigene Arznei, sein eigener Arzt. ... Ich verfahre so, dass ich in diesem Buche ein Herbarium von Kräutern und Wurzeln, von Samen und Blättern anzeigen will, soviel ich bis jetzt erfahren habe und weiß ... So habe ich mir vorgenommen, die Kräuter etc. in ein vollkommenes Rezept zu bringen, damit für die Kranken eine vollkommene Hilfe gefunden werde, die jetzt möglich und gegenwärtig ist.“2
Wohl erfüllt dieses Herbarium bei weitem nicht die heutigen Ansprüche im Umfang (es scheint auch manches verloren gegangen zu sein); auch mögen uns manche Anwendungsvorschriften fragwürdig erscheinen. Doch Paracelsus gibt, wenn nötig, genaue Hinweise auf Trocknung, Zubereitung und differenzierte Anwendung, wie sie heute noch bei den Naturvölkern zu finden sind.
Die Kunst der Phytotherapie (= Pflanzenheilkunde) in der Gegenwart besteht darin, die in den Kräutern vorhandenen heilwirksamen Stoffe zu ergründen (das geschieht mit biochemischen Methoden), die Wirkstoffkombinationen der Natur zu belassen bzw. zu konzentrieren und auf möglichst gleichbleibendem Niveau dem Patienten anzubieten. Bei Zubereitungen aus Pflanzenteilen lässt sich das gut verwirklichen; Tees dagegen können naturgegeben beachtliche Qualitätsschwankungen aufweisen. Vorschriften zu Verpackungen und Lagerung sowie kurze Verfallsdaten sollen dem Wirkstoffverlust entgegenwirken.
Bereits Paracelsus beklagte lange Handelswege, Verfälschungen und schlechte Lagerung bei den Pflanzenteilen: „Dieses ... schon abgelegene Kaufmannsgut ist schließlich ganz verdorben und zunichte, wenn er es dem Kranken zustellt. Nun ermesset, ihr Leser, welch große Beschwerden der Kranke hat, der in Todesnöten liegt, dass er das Falsche solcher Kaufleute fressen und damit gesund werden soll.“3
Wer selbst in die „Apotheke Gottes“ gehen und Heilpflanzen sammeln will, der möge beachten, was gute alte Überlieferungen über richtige Sammelzeiten berichten, um ein Höchstmaß an heilsamer Wirkung mit nach Hause zu tragen. Paracelsus erklärt dazu: „Kein Arcanum (= Heilmittel), das natürlich bereitet ist, ist lebend und kräftig, es sei denn, dass es bei einem richtigen Zeichen abgebrochen wurde. Sonst ist es wie ein Leib, den die Seele verlassen hat. Wundere dich daher nicht, dass ich euch das anzeige und lehre. Es geschieht deshalb, damit ihr mit einer vollkommenen Arznei behandeln sollt und nicht, wie der Bauer das Heu abmäht, wenn es ihm und der Kuh gelegen ist ... Sehet an die Vorsicht der Zimmerleute ... sie fällen das Holz bei einer bestimmten Konstellation, dann nimmt es weder zu noch schwindet es ... Wenn aber die Stunde nicht beachtet ist, wird diese Kraft nicht da sein.“4
NHV Theophrastus, 2001
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