Wohl gibt es kein Kräutlein, welches den Körper unsterblich zu machen vermag – aber jedes heilsame Kraut, das körperliches Gesunden und Wohlbefinden fördern kann, ist wertvollste Gabe, gedeihend in der „Apotheke Gottes“: der freien Natur. Der Arzt und Tatchrist Paracelsus (1493–1541) hat es als Erster verstanden und gefordert, die Wirkstoffe in den Heilpflanzen zur höchstmöglichen Entfaltung kommen zu lassen durch zweck- und zielgerichtete Verarbeitung. „Wenn ihr wisset, was in einem Kraut ist, so wisset ihr noch nichts. Ihr müsset auch wissen, wie sich die Kraft in diesem Kraut wird vollenden und wie sie ihren Lauf begehrt und wie sie im selbigen will geführt werden.“
Dies beginnt mit der richtigen Wahl des Erntezeitpunktes, geht über das alle heilkräftigen Substanzen erhaltende Extrahieren dieser Wirkstoffe (z. B. zerstört oder verflüchtigt das Abkochen bestimmte Stoffe) bis hin zur sachgerechten Dosierung des fertigen „Arcanum“. Paracelsi Erkenntnis: „Die Natur hat die Arcana wunderbar gesetzt und das zusammenkomponiert, was zusammengehört“ brachte ihn auf neue Ideen, die Heilmittel dem Menschen nutzbar zu machen, und durch genaue Beobachtung und scharfsinnige Logik gelang es ihm die Wirkungsweisen verschiedener Heilmittel bei bestimmten Krankheitsverläufen zu ergründen.
In seiner Schrift „Über die Eigenschaften der Kräuter, Wurzeln, Samen etc. Deutschlands, des Vaterlandes und Reiches“ beschreibt er mancherlei Pflanzen in ihrer schon bekannten Wirkung bzw. Anwendung, korrigiert und ergänzt dieses Wissen aus seiner Sicht und Erfahrung. Zur Salbei weiß er: „Salvia hat sehr große Tugenden. Aber Besonderes wird hier vermißt etc.“ Das heißt, zu seinen Lebzeiten war noch wenig Spezifisches über diese Pflanze bekannt; er spürte aber wohl ihre „großen Tugenden“, also ihren Wert als Heilpflanze. Im Laufe der Jahrhunderte erschloss sich auch die Gartensalbei oder Echte Salbei (Salvia officinalis) den suchenden Menschen in ihrer Heilwirkung. Am bekanntesten ist die schweiß- und entzündungshemmende Wirkung der Salbeiblätter (als selbst bereiteter Aufguss oder als alkoholisch-wässriger Auszug in Apotheken erhältlich). Doch die gesamte Salbeipflanze – von der Wurzel bis zur Blüte – besitzt wunderbare „Kompositionen“ an heilkräftigen Essentien; sie müssen nur pharmakologisch geschickt aus den jeweiligen Pflanzenteilen herausgelöst und zubereitet werden. Salbeihaltige Produkte werden heute gehandelt z. B. in Teemischungen bzw. als Salbeitee pur, in Form flüssiger Medikamente und Gesundheitspflegemittel, in Zahnpasten und als Salbeibonbons. Das Spektrum der flüssigen Produkte ist groß, je nachdem, ob hauptsächlich Extrakte der Wurzeln, Blätter oder Blüten eingesetzt wurden. Entsprechend groß ist das Wirkspektrum. Erkältung und Entzündung der Atemwege, Erkrankungen des Magen-/Darmtraktes, positiver Einfluss auf die Blutbahnen und Blutzusammensetzung, Minderung von Schweißbildung und Wundbehandlung – das sind die Haupteinsatzgebiete. „Die Natur ist der Arzt, du nicht. Aus ihr mußt du handeln, nicht aus dir. Sie setzt zusammen nicht du. Schau du, daß du lernest, wo ihre Apotheken sind, wo ihre Heilmittel geschrieben stehen und in welchen Büchsen sie stehen.“ Diese Einsicht des Paracelsus ist für alle Produzenten pflanzlicher Heilmittel gültiger Maßstab, muss es sein, wenn sie sich der „Apotheke Gottes“ bedienen wollen.
NHV Theophrastus, 2001