Um diesen Erfahrungsschatz nicht verloren gehen zu lassen, sollen diese Anwendungen und Erkenntnisse hier aufgeführt sein:
Griechische Mythologie
Nach einer Überlieferung wurde der Zentaur Chiron (auch Cheiron) von Apollo und Diana in der Heilkunde unterrichtet und behandelte z. B. mit diesem Kraut schlecht heilende Wunden.
Antike
Dioskorides und Galen nennen die Pflanze: Kentaurion to mikron. Sie wurde besonders als wundreinigendes und -heilendes Mittel, aber auch gegen Nervenleiden, Sehschwäche, Fieber und Verstopfung eingesetzt.
Klostermedizin
Hildegard von Bingen empfahl, das Kraut und die Wurzeln in Wein zu kochen und zu trinken. Bei Knochenbrüchen wurden warme Umschläge aus zu Brei gekochten Kräutern verordnet. Gegen Gicht sollten „Kucheln“ (kleine Kekse) aus der Wurzel und dem Kraut dieser Heilpflanze, vermengt mit Hirschtalg, Dinkelmehl und Wasser gegessen werden. Albertus Magnus, Bischof von Regensburg, Botaniker und Universaldoktor, schreibt:
„Die Wurzel des Krautes wird zu Wunden gebraucht, weil sie zusammenzieht, wie auch zu Brüchen, Seitengeschwüren, altem Husten, Blutspeien, schwerem Atem. 8 Gramm kleingestoßen und mit Wein getrunken. Ist auch gut gegen Lendenweh, Gelb- und Lebersucht, kranke Milz, stillt und bringt die Periode, ist gegen Fieber, Grimmen, kalten Magen und Würmer im Leib.“
Mittelalter
Die oben genannten Anwendungen finden sich in vielen mittelalterlichen Rezeptbüchern oder Chroniken, so auch in den Kräuterkapiteln der Werke des erzgebirgischen Chronisten Christian Lehmann. Hier wird darauf hingewiesen, dass bei Magenverstimmung infolge zu reichlichen Alkoholgenusses der bittere Tausendgüldenkraut-Tee gute Hilfe leistet. Auch kosmetisch wurde dieses Kraut im Mittelalter eingesetzt; da färbte man die Haare mit dem Tausengüldenkraut:
"Eine Lauge über dieses Kraut und Rhein-Bluhmen gegossen, und damit gezwagen, macht gelbe Haar." Dieses Rezept verwendeten schon die Luxusdamen im alten Rom zum Blondieren. Auch der große Arzt des Mittelalters Paracelsus (1493–1541) verwendete oft das Tausendgüldenkraut als einheimisches Bittermittel gegen vielerlei Beschwerden.
Und bei Adamus Lonicerus (1528–1586) lesen wir:
„Tausendgülden ist hitzig und trocken im andern Grad. … Der Safft von der Wurzel eingenommmen / reinigt den Magen und bringet Stuhlgang. … zerteilet und führet die grobe Phlegmatische und Cholerische Feuchtigkeit auß.“
(„Phlegmasia“ bedeutet im Griechischen „Entzündung“, hat aber auch einen Bezug zu Schleim; das Cholerische bezieht sich auf die Galle)
Das Tausendgüldenkraut wurde wegen seiner Bitterstoffe statt Hopfen zum Bierbrauen verwendet.
18./19. Jahrhundert
Die „Buckelapotheker“ des Thüringer Waldes boten das Kraut als Ersatz für die nur schwer zu bekommende, fiebersenkende Chinarinde. Der hessische Leibarzt J. Kämpf war bekannt für seine Klistierbehandlungen mit Kräuterauszügen. Diese enthielten Löwenzahn, Tausendgüldenkraut, Seifenkrautwurzel und Queckenwurzel zu gleichen Teilen und wurden mit Regenwasser hergestellt. Das Tausendgüldenkraut gehörte zu jenen Pflanzen, die nach G. W. Surya der Pfarrer Sebastian Kneipp besonders hoch schätzte.
Neuzeit
Die heute für die wissenschaftliche Bewertung der Wirksamkeit von Heilpflanzen zuständigen Kommissionen E und ESCOP geben als einzige nachgewiesene Wirkung an, dass Tausendgüldenkraut aufgrund der enthaltenen Bitterstoffe bei Appetitlosigkeit und Verdauungsbeschwerden eingesetzt werden kann. Wegen der reflektorischen Steigerung der Speichel- und Magensaftsekretion wird die Zersetzung des Speisebreis gefördert.
NHV Theophrastus, 2005
Verwendete Literatur
Berendes, J. [Hrsg.]: Arzneimittellehre des Pedanios Disokurides, Verlag Ferdinand Enke, Stuttgart, 1902
Mayer, D.G., Uehleke, B., Saum, K.: Handbuch der Kloster-Heilkunde (6. Auflage), Verlag Zabert Sandmann, München, 2003
Reier, H., Die altdeutschen Heilpflanzen, ihre Namen und Anwendungen in den literarischen Überlieferungen des 8.–14. Jahrhunderts, Register der fremdsprachlichen Namen, Kiel, 1983, S. 526/527