Geschichtliches und Sagenhaftes
Zwiebeln in Ägypten
Bereits die Erbauer der Pyramiden sollen ihre
Arbeiter täglich mit Lauchgewächsen versorgt
haben.
Zwiebeln genossen neben ihrer großen
Bedeutung als Nahrungsmittel auch religiöse
Verehrung. Sie zählten bei den alten Ägyptern
als Opfergabe für die Götter und wurden
den Verstorbenen als Wegzehrung für
die Reise ins Jenseits mitgegeben.
Allerdings war ägyptischen Priestern der
Genuss der Zwiebel verboten, weil sie angeblich,
wie Plutarch (griechischer Schriftsteller
um 45–125 n. Chr.) meint, zu Durst reizen.
Antikes Rom und Griechenland
Zwiebeln gehörten zu den Grundnahrungsmitteln und waren ein nahrhaftes und preiswertes Gemüse, was sich fast jeder leisten konnte. Bauern und Soldaten aßen sie roh zum Brot. Darum galt Zwiebelgeruch bald als nicht mehr vornehm und deutete auf die Zugehörigkeit zu den niederen Ständen hin. Wie Theophrast (4. Jh. v. Chr.) berichtet, war die Insel Kimolos durch ihre Zwiebelkulturen berühmt und erhielt den Beinamen Krommyúsa, d. h. Zwiebelinsel.
Zwiebeln in Indien
Nach einem Bericht des chinesischen Reisenden
Xuán Zàng, der im 7. Jahrhundert einige
indische Städte besuchte, galten Zwiebel
und Knoblauch in Indien als unrein.
Zwiebelesser wurden innerhalb der Stadtmauern
nicht geduldet. Namen aus dem
Sanskrit, welche „Speise für Niedrige“ oder
„übelriechend“ bedeuten, bezeugen die geringe
Wertschätzung.
Heute dagegen gehört in fast jedes nordindische
Gericht gebratene Zwiebel mit verschiedenen
Gewürzen. Einige brahmanische
Gemeinschaften, z. B. in Bengalen,
lehnen jedoch auch weiterhin den Gebrauch
der Zwiebel ab.
Mittelalter
Aufgrund ihrer desinfizierenden Wirkung wurden Zwiebeln gegen Pest und Cholera verwendet. U. a. wurden sie auch zur Potenzsteigerung empfohlen. Pietro Andrea Matthiolus, Botaniker und Leibarzt Kaiser Ferdinands I., schrieb in seinem „New Kreuterbuch“ um 1563:
„Zwiebeln gessen die begird zur speiss, machen bläste, bringen durst, reinigen, lindern den stuhlgang, entzünden die unkeusch lust.“
Übernatürliche Kräfte sollten Zwiebeln beim Aufhängen von drei weißen Zwiebeln an der Stalltür entfalten: Das sollte das von Hexen ausgehende Unheil vom Vieh fernhalten.
Zwiebelorakel
Ein uralter Brauch zur Vorhersage des Wetters im kommenden Jahr ist im germanischen Sprachgebiet das „Zwiebelorakel“. Dazu musste man in der Christnacht oder in der Silvesternacht eine Zwiebel auseinanderschneiden und aus jeder Hälfte sechs Schalen ablösen. Diese stellt man der Reihe nach auf ein Brettchen, wobei jede Schale einen Monat bedeutet. In diese Schalen gibt man ein kleines Häufchen Salz. Aus der durch das Salz erzeugten Feuchtigkeit kann man auf die Niederschläge der betreffenden Monate schließen.
Zwiebeln in Russland
In der russischen Volksmedizin ist die Zwiebel das bedeutsamste traditionelle Volksheilmittel: Sie wurde und wird angewendet bei Vitaminmangel, Blutarmut, Angina, Arteriosklerose, Schlaflosigkeit, Husten und Würmern.
Bis in die jüngere Geschichte ist sie auch ein Mittel für die Wahrsagerei, Herstellung von Liebesgetränken und dem Liebeszauber. Große Ansammlungen von Zwiebelpflanzen auf einem kleinen Stück Land in Gemeinschaft mit dem Milzfarn galten als ein Zeichen für die Nähe eines Schatzes in der Erde.
Goethe und der Zwiebelmarkt
Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832) war begeistert vom Weimarer Zwiebelmarkt. Er ließ die schönsten und längsten Zwiebelrispen einkaufen und an seinem Schreibtisch befestigen.
Die Zwiebel in der Literatur
In sprachlichen Bildern beschreiben Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich von Schiller (1759–1805) typische Eigenschaften der Zwiebel. Ein bekanntes Zitat stammt aus den „Xenien“, einem gemeinsamen Werk von Goethe und Schiller:
„Ist denn die Wahrheit ein Zwiebel, von dem man die Häute nur abschält? Was ihr hinein nicht gelegt, ziehet ihr nimmer heraus.“
In seinem Drama „Wallenstein“ lässt Schiller einen Kapuziner sagen:
„Auf das Unrecht, da folgt das Uebel,
Wie die Thrän‘ auf den herben Zwiebel“
William Shakespeare erwähnt die Zwiebel in „Der Widerspenstigen Zähmung“ (Kapitel 3):
„Versteht der Knabe nicht die Frauenkunst,
Schnell diesem Regenschauer zu gebieten,
Wird eine Zwiebel ihm behilflich sein,
Die heimlich eingewickelt in ein Tuch
Die Augen sicher unter Wasser setzt.“
Detailliert und humoristisch beschreibt Wilhelm Busch die Bereitung von: „Pfannkuchen und Salat“:
„Sodann, wenn Tränen auch ein Übel,
Zerstückelt sie und mengt die Zwiebel
Mit Öl und Salz zu einer Brühe,
Dass der Salat sie an sich ziehe.“
Küche und Haushalt
Einkauf und Aufbewahrung von Zwiebeln
Beim Einkauf ist darauf zu achten, dass sich Zwiebeln fest angreifen und – bei der gelben Sorte – die Schalen blank und glänzend aussehen. Wenn man ein Netz anhebt, muss es rascheln. Zwiebeln gehören nicht in Plastikbeutel, denn sie schwitzen darin und schimmeln. Der Kühlschrank ist ebenso zu feucht. Der Lagerraum sollte trocken und dunkel sein mit einer Temperatur zwischen 6 und 10 °C.
Marinieren
Zwiebel macht Fleisch und Fisch nicht nur schmackhafter und haltbarer, sondern hilft auch als Bestandteil einer Marinade, das Grillgut zarter zu machen. Pastenförmige Gewürzmischungen kann man herstellen, indem man Zwiebeln zusammen mit anderen Gewürzen zerreibt. Mit etwas Essig oder Zitronensaft halten sie sich etwas länger. Vor allem in Indonesien oder auch auf Jamaika werden diese Pasten vorwiegend zum Marinieren von rohem Fleisch oder Fisch verwendet.
Geschmacksnuancen
Rohe Zwiebeln schmecken – abgesehen von den unterschiedlichen Sorten – würzig und scharf. Gekochte Zwiebel entwickelt einen süßlichen Geschmack. Als süßlich-würzig kann man gedünstete Zwiebeln bezeichnen, da sie beim langsamen Bräunen karamellisieren. Getrocknete Zwiebeln haben ein eher knoblauchähnliches Aroma.
Katalanisches Zwiebelgericht
Eine Spezialität der katalanischen Küche sind die sogenannten Calçots. Dazu werden Lauchzwiebeln im offenen Feuer gedünstet, bis die äußere Haut schwarz geworden ist. Nach Entfernung der schwarzgebrannten Häute werden sie mit Salvitxada – einer Sauce aus Mandeln, Tomaten, Knoblauch, Pfeffer, Essig und Öl – verzehrt. Stilecht werden die Calçots auf halbrunden Dachziegeln serviert.
Blind gewordenes Gold
Gold wird wieder glänzend, wenn man es mit Zwiebelsaft bzw. einer halbierten Zwiebel einreibt und nach 1 bis 2 Stunden poliert.
Fliegen vertreiben
Fliegen meiden nicht nur Lorbeeröl, auch Zwiebel mögen sie nicht. Das Abwaschen von Spiegeln, Fenstern oder auch des Glases von Bilderrahmen mit Zwiebelsud hält Fliegen von diesen fern.
Bezeichnungen
Cepa, sipuli und onion
Zwiebel ist vom spätlateinischen cepa bzw. cepula abgeleitet, hat also nichts mit der Zahl „Zwei“ zu tun. Dieser Wortstamm ist jedoch nicht weiter zurückzuverfolgen.
In vielen romanischen oder nordeuropäischen Sprachen klingt der Name ähnlich: z. B. italienisch cipolla, rumänisch ceapă, spanisch cebolla oder finnisch sipuli.
Das englische onion oder das französische oignon geht wahrscheinlich auf das lateinische unus zurück, was „eins“ bedeutet und darauf hinweist, dass die Zwiebel nicht aus mehreren Teilzwiebeln (wie z. B. Knoblauch) aufgebaut ist.
„Deutsche Zwiebel“ im Englischsprachigen ist nicht Allium cepa
Als „German Onion“ bzw. „Deutsche Zwiebel“ wird im englischsprachigen Raum die Falsche Meerzwiebel bzw. der Geschwänzte Milchstern (aktuell gültiger lateinischer Name: Albuca bracteata) bezeichnet. Deren zerquetschte Blätter wurden in der Volksmedizin z. B. als Auflage zur schnelleren Heilung von Wunden und Brandwunden verwendet.
Vielseitige Wirkungen
Zwiebeln – blähungstreibend
Zwiebeln und Knoblauch fördern zwar die Entstehung von Blähungen, bewirken aber auch, dass diese sich nicht schmerzhaft festsetzen können, denn sie wirken blähungstreibend. Deshalb sollten andere blähende Gemüse, wie Kohl oder Hülsenfrüchte, immer zusammen mit Zwiebeln oder Knoblauch gegessen werden.
Zwiebel – nicht für Tiere!
Zu beachten ist, dass Zwiebeln für Hunde, Katzen und andere Haustiere, wie z. B. Schafe, Ziegen und Geflügel, schädigend sein können. Aufgrund der wahrscheinlich andersartigen Zusammensetzung der Roten Blutkörperchen der Tiere führt das bei ihnen zu Blutarmut.
Färben mit Zwiebelschalen
Aufgrund des hohen Anteils an gelben und zum Teil roten Pigmenten, Flavonoiden und Anthocyanen kann eine Abkochung von Zwiebelschalen zum Färben verschiedenster Materialien eingesetzt werden. So wurde bereits im Mittelalter Wolle oder Leinen mit Zwiebelschalensud gelb gefärbt.
Mit Zwiebelschalen gefärbte Ostereier werden zum Kunstwerk, wenn man sie beim Färben mit einem Muster verziert. Dazu zieht man einen Nylonstrumpf über die mit Gräsern, Blüten oder Blättern belegten Eier und bindet ihn auf der Rückseite zu. So bleiben die abgedeckten Stellen weiß.
Will man Haare tönen, übergießt man 50 Gramm Zwiebelschalen mit 125 ml kaltem Wasser, erhitzt dieses und lässt es 5 Minuten kochen. Bei mehrmaligem täglichem Einreiben mit diesem Sud kann man dunkelblonde Haare in einen warmen Braunton verwandeln. Auch graue Haare soll man damit übertönen können.
Zwiebeln gegen Haarausfall
Bereits Hippokrates verwendete Zwiebelsaft als Einreibung gegen das Ausfallen der Haare. Bis heute sind dazu verschiedene Rezepte für Haarwässer bekannt: Man vermischt z. B. den Saft einer Zwiebel mit 200 ml Franzbranntwein. Davon werden 2 mal täglich ein paar Tropfen in die Kopfhaut eingerieben. Nützlich soll z. B. auch die Auflage eines Breis aus gehackter Zwiebel und Wasser auf der betroffenen Stelle sein.
Geheimtinte
Unter den vielen Möglichkeiten, geheime Nachrichten zu übermitteln, reiht sich auch der Zwiebelsaft ein. Viele Kinder kennen den Zwiebelsaft als Geheimtinte.
Die mit einer Feder, einem Schaschlikspieß oder einem Zahnstocher geschriebene Schrift ist nach dem Trocknen nahezu unsichtbar. Erst durch das vorsichtige Erwärmen durch Bügeln, auf der Heizung oder über einer Herdplatte färbt sich die Schrift gelb bis bräunlich.
Pflanzenschutz
Das Besprühen von Pflanzen mit einer abgekühlten Abkochung aus 75 Gramm Zwiebeln in einem Liter Wasser soll diese vor Pilzkrankheiten schützen.
Zwiebelschalen-Tee (20 g auf 1 Liter Wasser) – 2 mal wöchentlich gegossen oder gespritzt – hilft gegen Spinnmilben und Blattläuse.
2015
Verwendete Quellen (Auswahl)
http://www.cactuseros.com/Especie/20467/Albuca_bracteata.html
Löser, E. u. F.: Zwiebeln – Herkunft, Anwendungen, Rezepte, Demmler Verlag, Schwerin 2010
Reichling, J. et al.: Heilpflanzenkunde für die Veterinärpraxis, 2., überarbeitete u. erweiterte Auflage, Springer Verlag, Berlin 2008
Reinhardt, Ludwig: Kulturgeschichte der Nutzpflanzen, Band 1, Nachdruck des Originals von 1911, Salzwasser Verlag GmbH, Paderborn 2013
Woenig, Franz: Die Pflanzen im alten Ägypten, DOGMA in Europäischer Hochschulverlag GmbH & Co KG, Bremen 2012